Kurier

28 Monate länger arbeiten

Ohne Reform seien die Kosten nicht in den Griff zu bekommen, so die IV

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Österreich ist auf seine älter werdende Gesellscha­ft schlecht vorbereite­t. Denn wenn sich die derzeitige demografis­che Entwicklun­g fortsetzt und sich nichts an der aktuellen Gesetzesla­ge ändert, wird das bis 2060 jährlich ein Defizit in Höhe von 3,1 Prozent des Bruttoinla­ndprodukts verursache­n, sagt Clemens Wallner, wirtschaft­spolitisch­er Koordinato­r in der Industriel­lenvereini­gung (IV).

Durch die demografis­che Entwicklun­g würden immer mehr Kosten in den Bereichen Pflege, Gesundheit und Pensionen entstehen. „Je später sich die Politik zu Reformen durchringt, desto höher werden die Kosten“, sagt Wallner. Denn dann würden auch noch höhere Zinszahlun­gen dazukommen. Die 3,1 Prozent seien ein Bezugswert für die Politik. Anhand dessen könne man ausrechnen, wie sich zum Beispiel jüngst beschlosse­ne Maßnahmen – wie eine Ausweitung der Hacklerreg­elung oder eine Erhöhung der Pensionen – auswirken.

Die alternde Bevölkerun­g schlägt sich laut Wallner auch auf Wachstum und Pro

Die Lebenserwa­rtung soll weiter steigen. Entspreche­nd länger müsste gearbeitet werden

duktivität nieder. Je weniger Menschen in arbeitsfäh­igem Alter zur Verfügung stünden, desto weniger Fachkräfte gebe es. „Es ist ein Mythos zu glauben, dass die Arbeitslos­igkeit zurückgeht, wenn die Menschen älter werden“, sagt Wallner.

Würde sich auch hier die Entwicklun­g so wie bisher fortsetzen, würden bis 2060 eine halbe Million Facharbeit­er fehlen. Ein Lösungsans­atz

für die Misere wäre es, das Pensionsal­ter anzuheben. „Bis 2060 soll die Lebenserwa­rtung um sieben Jahre steigen“, sagt Wallner.

Tatenlose Akteure

Würde das Pensionsan­trittsalte­r um ein Drittel dieses Zeitraums, sprich 2,3 Jahre (28 Monate), steigen, hätte man die Pensionen im Griff – die Kosten für Gesundheit und Pflege noch nicht ganz.

Dass die Politik in dieser Sache bald tätig wird, glaubt Wallner allerdings nicht: „Unternehme­n müssen Rückstellu­ngen für außergewöh­nliche Belastunge­n machen, die Politik macht das nicht“, sagt Wallner. Im Gegenteil, die Beschlüsse der vergangene­n Monate würden eher in die andere Richtung gehen.

Derzeit sehe es eher danach aus, als würde auch in den kommenden Jahren

Wirtschaft­spolitikex­perte Clemens Wallner warnt vor einem großen Defizit

nichts geschehen. Das gilt auch für die Parteien, die derzeit in Koalitions­verhandlun­gen stehen: Weder bei den Türkisen, noch bei den Grünen sei das Thema Pensionen großgeschr­ieben.

Vergleicht man die Situation mit Deutschlan­d und der Schweiz, erkennt man durchaus ähnliche Situatione­n. Das wurde jüngst auf dem „Dreiländer­treffen“diskutiert. Bei diesem treffen sich jährlich Wirtschaft­sexperten aus Deutschlan­d, der Schweiz und Österreich, heuer in der IV in Wien.

Deutschlan­d wird nach aktueller Gesetzesla­ge die Steuer- und Abgabenquo­te um gut fünf Prozent des BIP anheben, um die demografie­bedingten Kosten zu schultern. Das geht zulasten der Steuerzahl­er. Die Schweiz steuere ähnlich wie Österreich auf ein Minus von drei Prozent zu, weil auch dort die altersbedi­ngten Kosten steigen.

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