Wiener Migrantenliste holt sich Wahlhilfe aus dem Ausland
Wien. In den Niederlanden traf die Liste SÖZ türkischstämmige Politiker aus halb Europa.
Unterstützung für die WienWahl 2020 erhofft sich die Migrantenliste „SÖZ“(Soziales Österreich der Zukunft) von einem Vernetzungstreffen mit anderen Migrantenlisten in den Niederlanden. Es gehe darum, eine europäische Parteienfamilie zu formieren, die sich für Minderheitenrechte einsetzt, erklärt SÖZ-Mitbegründer Hakan Gördü. Das nächste Treffen soll in Wien stattfinden.
Am Treffen in Urmond nahe Maastricht nahmen neben der Wiener Migrantenpartei SÖZ und der Vorarlberger Fraktion HAK (Heimat Aller Kulturen) zehn weitere Gruppierungen aus den Niederlanden, Deutschland, Belgien, Schweden und Frankreich teil. Gemeinsam haben diese, dass sie von türkischstämmigen Mitgliedern dominiert werden und zu einem Gutteil seit 2015 als Reaktion auf den zunehmen
Gördü (2. v. re.) erhofft sich von Kuzu (li.) Wahlwerbung
den Rechtspopulismus in Europa entstanden sind.
Inhaltlich tun sich allerdings Gräben auf. So ist ein Teil der Listen dem rechtsbzw. religiös-konservativem Lager zuzurechnen – wie etwa das deutsche „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“(BIG), während andere Gruppierungen aus Bürgerrechtsbewegungen entstanden oder als links-progressiv einzustufen sind. Als Letzteres bezeichnet sich auch die SÖZ.
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Sozusagen die Stars des Treffens waren aber die Vertreter der Kleinpartei „Denk“, die mit drei Sitzen in der Zweiten Kammer der Generalstaaten – also dem Gesetzgebungsorgan der Niederlande – vertreten ist und sich selbst als „tolerant“bezeichnet.
Fraktionschef Tunahan Kuzu genießt unter Auslandstürken hohes Ansehen und könnte insofern das Ergebnis der Wien-Wahl zugunsten der SÖZ beeinflussen.
Wie sehr Schlüsselpersonen, die einen Vertrauensvorschuss von türkischstämmigen Wählern genießen, für einen Kandidaten zu mobilisieren imstande sind, hat man bei der Nationalratswahl gesehen. Dort übertrumpfte der rote Salzburger Gemeinderat Tarik Mete in Westösterreich punkto Vorzugsstimmen sogar SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, nachdem Meinungsmacher (wie Gördü) auf sozialen Medien die Werbetrommel für ihn gerührt hatten.
Der in der muslimischen Community prominente Kuzu sei also „eine starke Referenz“,
sagt Gördü. Mit rund 300.000 Muslimen in Wien rechnet sich SÖZ daher gute Chancen für die Wahl aus.
Laut Gördü soll das nächste Vernetzungstreffen in Wien stattfinden. Dort will man „ein Manifest gegen Rassismus und für Gleichberechtigung“verfassen. Ob sich alle Migrantenlisten auf einen gemeinsamen Nenner einigen können, darf allerdings bezweifelt werden.
So erregte etwa das BIG 2014 in Niedersachsen Aufsehen, als es mit der Muslimisch-Demokratischen Union (MDU) fusionierte – einer Kleinstpartei, die vom dortigen Verfassungsschutz als demokratiefeindlich eingeschätzt wurde. In Berlin sorgte BIG mit homophoben Flyern für Aufregung.
Auf diese Konferenzteilnehmer angesprochen, antwortet Gördü: „Es liegt in der Natur der Sache, dass sich als Antwort auf Rassismus progressive und konservative Bewegungen bilden. Wir als SÖZ stehen ganz klar für ersteren Weg.“
Noch nicht fix ist, wer in Wien als SÖZ-Spitzenkandidat ins Rennen geht. Neben Gördü ist auch die ehemalige Liste-Jetzt-Abgeordnete Martha Bissmann im Gespräch.