„Jede Investition hilft doppelt“
Nachgefragt. Was die Tafeln erreicht haben und wo noch viel zu tun ist
Alexandra Gruber, Geschäftsführerin der Wiener Tafel und Obfrau des Verbandes der österreichischen Tafeln über die Auszeichnung, Hunger in Österreich und künftige Herausforderungen.
KURIER: Gratulation! Was bedeutet der Viktualia Award für die Tafeln? Alexandra Gruber: Wir sehen den Gewinn des Viktualia Awards in der Kategorie „Soziale Projekte“für die Aktionsplattform als Anerkennung und Bestätigung für den innovativen Weg, gemeinsam mit dem Handel auf allen Ebenen mehr gegen Lebensmittelverschwendung zu erreichen. Wir würden uns sehr freuen, wenn sich jetzt weitere Lebensmitteleinzel- sowie Großhändler unserer Aktionsplattform anschließen.
Welche Rolle übernehmen die Tafeln in der Gesellschaft?
Alleine im letzten Jahr haben die Tafeln 3.000 Tonnen
Lebensmittel vor der Vernichtung gerettet und damit rund 42.500 Menschen in Armut versorgt. Der Bereich zwischen nahrhafter Sättigung und Verhungern ist facettenreich. Zunächst wird bei der Qualität der Ernährung gespart und bei der Häufigkeit der Mahlzeiten. Dazu kommen Ängste, die den Alltag überschatten, und sich als psychische Belastung manifestieren. – Darüber hinaus schaffen Tafeln tagtäglich Orte der Begegnung, der Inklusion und der Integration zwischen ganz unterschiedlichen Menschen und sorgen so für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. – Und Tafeln stehen für ein ganz besonderes zivilgesellschaftliches Engagement.
Was könnte die Politik für die Tafeln tun?
Aus unserer Sicht ist vordringlich, dass die öffentliche Hand die regionalen Tafeln beim Aufbau von Infrastruktur wie Lagerräumlichkeiten, Kühlfahrzeugen und Personal unterstützt.
Denn nur so können wir die großen Lebensmittelmengen, die täglich anfallen, auch tatsächlich retten und an armutsbetroffene Menschen weitergeben. Außerdem braucht es eine Teilnahme Österreichs an EUProgrammen, die Lebensmittelhilfe und -rettung in großem Stil ermöglichen sowie eine Vereinfachung der rechtlichen Grundlagen zur Lebensmittelweitergabe. Diese Forderungen werden wir auch der zukünftigen Regierung auf ihrem Weg mitgeben, denn jede Investition in diesem Bereich hilft doppelt: der Umwelt und armutsbetroffenen Menschen.