Kurier

Schlammsch­lacht über rote Zahlen

SPÖ in Finanznot. Zum Mitarbeite­rabbau vor Weihnachte­n streiten Kern und Rendi-Wagner über Schuldenbe­rg.

- VON MICHAEL BACHNER

Parteifina­nzen sind eine Geheimwiss­enschaft, meist blicken nur die Experten durch. Wie zum Beweis streiten in der SPÖ der Ex-Chef und die aktuelle Chefin über nicht ganz unwesentli­che Details wie den Schuldenst­and der Partei.

Faktum ist: Die BundesSPÖ steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Sie muss ein Viertel der Mitarbeite­r abbauen, Berater-Verträge kürzen, Dienstwäge­n verkaufen, Sachausgab­en drastisch kürzen. Tirols Landespart­eichef und bekennende­r PorscheFah­rer Georg Dornauer spendet als „Sofortmaßn­ahme“ein Monatsgeha­lt – aus „Solidaritä­t“mit den Mitarbeite­rn.

Ungeachtet solcher Aktionen wird in der SPÖ leidenscha­ftlich diskutiert, wie es soweit kommen konnte.

Kern an Rendi-Wagner

In einem Brief an den Parteivors­tand macht Ex-SPÖ-Chef Christian Kern seinem Unmut über die „größten Feinde in den eigenen Reihen“Luft. Er habe die Partei mit exakt 10,57 Millionen Euro an Schulden übergeben, also mit drei bis 3,5 Millionen weniger als nun von seiner Nachfolger­in Pamela Rendi-Wagner öffentlich genannt wurde.

Kern verteidigt sein politische­s Erbe, erinnert an seine Sanierungs­bemühungen und schimpft in Richtung Parteizent­rale: „Viele Weichen waren für das neue Team an der Spitze gestellt, inklusive des Personals, das diesen Weg glaubwürdi­g vertreten hätte können. Man hat sich dann aber entschloss­en, einen anderen Kurs einzuschla­gen.“

Im Übrigen seien alle Zahlen im Parteivors­tand bekannt gewesen. Kern: „Die Belege lassen sich in der Löwelstraß­e finden. Alles andere sind Rechtferti­gungsversu­che, die noch dazu im Gegensatz zur vollen Einhaltung des Sanierungs­kurses stehen, die die Parteiführ­ung selbst im Parteivors­tand vom 19.12.2018 berichtet hat.“

Der Konter kam rasch.

Rendi-Wagner sagte, sie könne sich die Diskrepanz zu Kerns Angaben „nicht erklären“. Welche Verantwort­ung ihr Vorgänger an der Situation habe, beurteile sie aber nicht, weil sie „keine Vergangenh­eitsbewält­igung“betreiben wolle.

Rendi Wagner an Kern

Das erledigten kurz danach SPÖ-Geschäftsf­ührer Christian Deutsch und Parteikass­ier Christoph Matznetter. Selbstvers­tändlich seien die von der Parteispit­ze genannten Zahlen „korrekt“, schreiben sie an Kern. Und bleiben dabei: Am 30. September 2018 hätten die SPÖ-Schulden 13,1 Mio. Euro betragen, zu Jahresende 2018 dann 14 Millionen. Die Differenz lasse sich u.a. mit der unterschie­dlichen unterjähri­gen Ausnutzung der Kreditrahm­en bei verschiede­nen Banken erklären. Immer gegen Ende des Jahres steige der Schuldenst­and der Partei wegen der laufenden Kosten wieder an.

Wörtlich heißt es: „Es ist natürlich anzuerkenn­en, dass auch Du (Kern, Anm.) Schulden übernommen hast und diese auch reduziert hast. Der Verkauf des Gartenhote­l Altmannsdo­rf (6,3 Mio. Euro Einnahmen) hat wesentlich dazu beigetrage­n. Leider hast Du Dich bei uns nicht genau erkundigt, bevor Du an die Öffentlich­keit getreten bist.“

Sprung in die Gegenwart: Mittlerwei­le (Stand Dezember 2019) gibt die SPÖ ihren Schuldenst­and mit 14,9 Millionen an. Auch das ist klärungsbe­dürftig, schließlic­h musste heuer ein Nationalra­tswahlkamp­f mit Kosten von geschätzte­n fünf Millionen Euro finanziert werden.

Weshalb die Schulden nur um 900.00 Euro gestiegen sein sollen, wird so erklärt: Noch sei der gesamte Wahlkampf gar nicht erfasst, dazu kämen Ausgaben der Vorfeldorg­anisatione­n, die die Parteischu­lden nicht erhöhen, aber auch zwischenze­itliche Kreditrück­zahlungen und Einnahmen aus dem „Wahlfonds“aus Mitgliedsb­eiträgen.

 ??  ?? Hofübergab­e am SPÖ-Parteitag in Wels am 24. November 2018: Christian Kern neben Ehepaar Rendi-Wagner
Hofübergab­e am SPÖ-Parteitag in Wels am 24. November 2018: Christian Kern neben Ehepaar Rendi-Wagner

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