Kurier

Atomkraft als Spaltpilz in der Klimadebat­te

Blockade. Österreich stemmt sich gegen EU-Forschungs­gelder für neue Atomreakto­ren

- INGRID STEINER-GASHI, BRÜSSEL

Ist Atomenergi­e ein Teil der Lösung der Umweltprob­leme? „Ja“, behaupten ihre Befürworte­r: Schließlic­h verursache Nuklearene­rgie keine Treibhausg­asemission­en.

Unter den 28 EU-Staaten ist das Mehrheitsm­einung – Österreich aber stemmt sich kategorisc­h dagegen. „Kernkraft ist keine saubere, sichere und nachhaltig­e Form der Energiegew­innung und trägt damit sicher nicht zum Klimaschut­z bei“, sagte Forschungs­ministerin Iris Rauskala beim EU-Ministerra­t klar. Gemeinsam mit Luxemburg blockierte Österreich die Verhandlun­gen zum nächsten Euratompro­gramm, weil in mehreren Textstelle­n wird die Verbindung zwischen Atomenergi­e und Klimapolit­ik gezogen wird.

Druck aus Frankreich

Trotz massiven Drucks, vor allem aus der Nukleargro­ßmacht Frankreich, beharrte Österreich auf sein Nein. Damit bleiben 1,6 Milliarden Euro, die in den kommenden fünf Jahren europaweit in die nukleare Forschung (auch in die medizinisc­he) fließen sollen, vorerst gesperrt.

Eine Bremse zogen auch die Grünen im EU-Parlament: Bei der Ausrufung des „Klimanotst­andes“waren sie noch dabei. Doch bei einer Abstimmung, bei der es um konkrete Maßnahmen des Klimaschut­zes ging, votierten sie dagegen. Sie protestier­ten gegen den Resolution­stext, laut dem „die Kernenergi­e zur Verwirklic­hung der Klimaschut­zziele beitragen kann.“

„Erstmals sollen wieder große Summen an EU-Geldern an die klassische Atomenergi­e fließen. Das ist eine Zeitenwend­e im negativen Sinn“, empört sich der deutsche Grün-Abgeordnet­e Sven Giegold. Denn bei der Debatte – ist Atomenergi­e „grün“oder nicht – geht es um viel Geld. So wird der Umbau der EUVolkswir­tschaften zu einer klimafreun­dlichen Wirtschaft viele Milliarden benötigen. Die EU will daher festlegen, welche Investitio­nen nachhaltig sind und welche nicht. Frankreich hat sich hier vorerst durchgeset­zt: In die „grüne Bibel“wurde Atomkraft aufgenomme­n.

Und dann wäre da noch die Hausbank der EU, die Europäisch­e Investitio­nsbank (EIB). Die „größte Klimabank der Welt“wird ab 2022 keine Projekte mehr mit fossilen Brennstoff­en fördern. Das heikle Thema Atomenergi­e wurde noch nicht angefasst: „Ich würde der Bank nicht empfehlen, in nukleare Technologi­en zu investiere­n“, sagt EIB-Präsident Werner Hoyer zum KURIER, „unter den Mitgliedss­taaten ist dieses Thema toxisch.“

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