Bewertungs-App – keine Sterne für die Lehrer
Unter beachtlichem Medieninteresse wurde jüngst eine neue App vorgestellt, die dem österreichischen Schulsystem eine kleine Revolution verspricht. Künftig soll es Schülern möglich sein, die Leistungen ihrer Lehrer rasch und unkompliziert auf elektronischem Wege zu beurteilen. Analog zu Plattformen wie Uber oder Airbnb werden Sterne vergeben, die ein schnelles Stimmungsbild über den Beurteilten ermöglichen.
Doch taugt ein solches Konzept tatsächlich auch im pädagogischen Bereich? Um diese Frage zu klären, ist es notwendig, ganz allgemein über Leistung, Beurteilung und Kundenzufriedenheit in verschiedenen Bereichen nachzudenken. Für Uber-Fahrer oder Pizzaboten beispielsweise, spielt die Zufriedenstellung des Kunden eine entscheidende Rolle. Wollen sie wirtschaftlich erfolgreich sein, wird es zur Notwendigkeit, sich vollumfänglich den Wünschen und Anforderungen des Auftraggebers zu verschreiben.
Anders verhält es sich dagegen etwa bei einem Polizisten. Auch ein höflicher und freundlicher Umgang mit seinen Parteien wird ihn kaum davor bewahren, dass die Adressaten der polizeilichen Bemühungen gelegentlich unzufrieden aus einer Amtshandlung hervorgehen – man denke nur an den Fall, in dem eine empfindliche Verkehrsstrafe wegen zu schnellen Fahrens verhängt wurde. Hat man nun im Sinn, die Leistung eines Polizisten zu bewerten, stellen sich naturgemäß andere Fragen als bei der Beurteilung des Uber-Fahrers. Und gerade in dieser Hinsicht ist nun der Lehrer dem Polizisten ähnlicher als dem Chauffeur.
Zwingende Maßnahmen
Der Pädagoge im öffentlichen Dienst wird zwar freilich ein Interesse daran haben, den Schülern einen zeitgemäßen und spannenden Unterricht zu bieten, er hat aber zur Erfüllung seines Bildungsauftrages auch Maßnahmen zu setzen, die dem Schüler mitunter weniger behagen werden. So gehören etwa Hausübungen, Prüfungen, Beurteilungen und pädagogische Maßnahmen, wie das Verbot der Smartphone-Nutzung im Unterricht zum täglichen pädagogischen Handwerk.
Wer Lehrer einer Bewertung unterziehen möchte, ist gut beraten, bei Art und Form des Feedbackverfahrens diesen bedeutsamen Unterschied zwischen „Dienstleistung am freien Markt“und „Arbeit im öffentlichen Auftrag“eingehend zu bedenken.
Eine Plattform, die es ermöglicht, undifferenziert, anonym und ohne Nachweis eines Bezugs zur bewerteten Bildungseinrichtung Urteile abzugeben, kann diesem Anspruch jedenfalls nicht im Entferntesten gerecht werden.
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Dr. Georg Platzer, Jahrgang 1986, ist AHS-Lehrer für die Fächer „Ethik“, „Psychologie und Philosophie“sowie für „Bewegung und Sport“.