Kurier

Erste Klage wegen neuer Stromzähle­r

Energiever­sorger tauschen Messgeräte aus. Einige Betroffene fühlen sich dadurch ausspionie­rt

- VON MICHAELA REIBENWEIN

Als „intelligen­tes Messgerät“wird der Smart Meter angepriese­n. Sogar eine Stromerspa­rnis von 3,5 Prozent soll er bringen. Dennoch regt sich Widerstand gegen die neuen Strom-Messgeräte. Denn die liefern alle 15 Minuten Daten an den Energiever­sorger. Rechtsanwa­lt Friedrich Petri, selbst ein Betroffene­r, drückt das so aus: „Da stellt man eine Videokamer­a in die Wohnung und sagt: ,Ich schau eh nicht hin.‘ “

70.000 Geräte in Wien

Aktuell werden in ganz Österreich die Stromzähle­r ausgetausc­ht. Auch in Wien. Dort sind laut Wiener Netze bereits 70.000 neue Messgeräte im Einsatz. Doch jetzt gibt es auch die erste Klage. Ein Betroffene­r, der bereits mit einem der neuen Geräte ausgestatt­et worden ist, bekämpft diesen „Zwangstaus­ch“.

„Es geht um das Recht auf Datenschut­z“, betonen die Anwälte des Klägers, Hatice Özcoban und Benedikt Wallner.

Aber von Anfang an: Der Wiener erfuhr bereits im Jahr 2015 aus Medienberi­chten, dass die Einführung von „Intelligen­ten Messgeräte­n“geplant ist. Schon damals war für ihn klar: Die will er nicht. Er schickte ein Fax an die Wiener Netze und erklärte darin, dass er der Installati­on eines derartigen Geräts nicht zustimmt. Für ihn war die Sache damit erledigt.

Im August des Vorjahres erhielt er allerdings ein Schreiben, dass ihm die Einführung der neuen Messgeräte und die damit verbundene­n Vorteile ankündigte. Außerdem wurde er darüber informiert, dass es eine „OptOut“-Möglichkei­t gibt. Konkret geht es darum, dass der

Stromverbr­auch dann nicht automatisc­h alle 15 Minuten weiter gegeben wird. In dieser Variante wird der Stromverso­rger nur ein Mal jährlich informiert.

Der Mann wiederholt­e seinen Widerspruc­h. Der Austausch sei eine Verletzung seines Grundrecht­s auf Achtung des Privat- und Familienle­bens. Doch das half nichts. Im nächsten Schreiben wurde ihm bereits der Termin für den Tausch bekannt gegeben. Und tatsächlic­h wurde das neue Gerät gegen seinen Willen installier­t. Und auch seinem unbedingte­n Wunsch nach dem Opt-Out wurde nicht Rechnung getragen. Das fiel ihm Wochen später auf.

Seine Anwälte argumentie­ren: Die Verbrauchs­informatio­nen, die das Gerät liefert, können Rückschlüs­se darüber geben, wie die Lebensverh­ältnisse des Betroffene­n sind. Welche elektrisch­en Geräte er benutzt, wie viele Personen in dem Haushalt leben, wann er auf Urlaub ist.

Und selbst im Rahmen der Opt-Out-Funktion würden diese Daten gesammelt. „Daten sind wertvoller als Gold“, sagt Jurist Wallner. „Wozu sammelt man sie, wenn man sie nicht verwenden will?“

„Um das Netz zu steuern. Damit planbar ist, wann wie viel Strom benötigt wird“, erklärt Nicole Kassar, Sprecherin der Wiener Netze. Unterm Strich wäre aber noch immer die Summe des Stromverbr­auchs relevant.

Die Daten, so versichert sie, würden keinesfall­s weitergege­ben. „Das ist streng gesetzlich reguliert.“Und auch vor Hackern brauche man sich nicht zu fürchten. „Diese Daten sind zigfach verschlüss­elt.“

Doch das Thema brennt nicht nur in Wien unter den Nägeln. Auch im Burgenland haben bereits mehrere Betroffene ihren Widerstand gegen die neuen Geräte angekündig­t. Unter ihnen Anwalt Petri. Bei ihm soll der Tausch in wenigen Tagen erfolgen. „Ich will ein Gerät, das jederzeit die Möglichkei­t hat, meinen Lebenslauf zu erfassen, nicht im Haus“, sagt er.

Strom abgestellt

Vereinzelt gab es bereits derartige Fälle im Burgenland. Und sie endeten bei Widerspruc­h immer so: Der Strom wurde abgestellt. „Im Winter ohne Strom – das braucht niemand. Man lässt mir gar nicht die Möglichkei­t, mich zu wehren.“

Auch Petri hat sich an seinen Kollegen Wallner gewandt. Und der beobachtet: „Wir haben schon etliche Anfragen in diese Richtung.“Deshalb zieht er auch eine Sammelklag­e in Betracht. Betroffene können sich auf der Homepage registrier­en.

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