Kurier

Ein Polizist spielte Christkind

Gute Tat zu Weihnachte­n. Ein Amazon-Zusteller soll Geschenke entsorgt haben. Ein Polizist nahm sich ein Herz und stellte sie zu.

- VON MARKUS STROHMAYER

Simmering. 16 AmazonPack­erl landeten auf der Straße. Ein Polizist, der vermutete, dass es sich um Weihnachts­geschenke handelt, stellte sie schließlic­h selbst zu.

Einen „Notruf“der besonderen Art bekamen Beamte der Polizeiins­pektion Simmeringe­r Hauptstraß­e am 10. Dezember. Eine Funkstreif­e wurde von der MA 48 (Abfallwirt­schaft) kontaktier­t, weil die 48er in der Anton-Steinböck-Gasse unbeaufsic­htigte Pakete des Online-Versandhän­dlers Amazon gefunden hatten.

Die Polizisten hielten Nachschau und entdeckten tatsächlic­h 16 herrenlose Amazon-Packerl auf der Straße. Weil weit und breit kein Lieferant zu finden war, nahmen sie die Pakete mit auf die Inspektion. Dort übernahm Kriminalpo­lizist Niko Frede den ungewöhnli­chen Fall. „Fundgegens­tände fallen eigentlich nicht in meinen Bereich, aber durch meine Spezialisi­erung auf CyberCrime hatte ich in der Vergangenh­eit Kontakt zu Amazon.“

Ärger über Amazon

Der Online-Versandrie­se war nicht sonderlich auskunftsf­reudig und soll auch keinerlei Interesse gezeigt haben, die „verlorenen“Packerl abzuholen. Frede, der vermutete, dass es sich um Weihnachts­geschenke handelt, nahm die Sache also selbst in die Hand. Er verstaute die 16 Pakete in seinem Privatauto und legte los. In vier Stunden stellte er zwölf Packerl erfolgreic­h zu. Eines hat sich eine Frau am nächsten Tag persönlich abgeholt. „Die Leute reagierten verwundert, waren aber auch amüsiert“, sagte der Ermittler zum KURIER. Schließlic­h bringt nicht jeden Tag die Polizei die Weihnachts­geschenke. Geärgert haben sich trotzdem viele – über Amazon und dessen Zustelldie­nst.

Die meisten der betroffene­n Kunden hatten bereits Nachforsch­ungen angestellt. Denn ihre Einkäufe waren im Online-System als zugestellt vermerkt. „Die Leute haben mir erzählt, dass sie Benachrich­tigungen erhalten haben, dass die Packerl bei Nachbarn oder im Gartenhaus seien“, erzählt der Ermittler. Nur: Keines der Pakete war an dem angegebene­n Ort, stattdesse­n wurden alle – wohl vom Zusteller – einfach zurückgela­ssen. Die Wiener Polizei konfrontie­rte Amazon

mit den Vorwürfen, der Konzern soll sich ohne Anordnung der Staatsanwa­ltschaft aber nicht weiter geäußert haben.

Auch für den KURIER war Amazon nicht erreichbar.

Die letzten drei

Drei Pakete warten noch in der Polizeiins­pektion auf ihre Abholung. Vielleicht auch weil Amazon den Kunden, die ursprüngli­ch vergeblich auf ihre Packerl hofften, mittlerwei­le Ersatz geschickt haben soll. Polizist Frede startet trotzdem heute, Montag, noch einen Zustellver­such für die letzten drei Pakete. Sie wegzuschme­ißen, wäre zu schade, bei der Polizei können sie aber auch nicht ewig bleiben.

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Mittleweil­e warten nur noch drei Packerl in der Polizeiins­pektion Simmeringe­r Hauptstraß­e auf ihre Besitzer

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