Kurier

Spannendes Jahr für Saurier-Fans: Spektakulä­re Funde in Österreich

Die Urzeittier­e haben hierzuland­e ihre Spuren hinterlass­en

- VON HEDWIG DERKA

Echsen-Jäger. Die Herrschaft der Dinos begann vor rund 252 Millionen Jahren und endete mit ihrem weltweiten Aussterben vor 66 Millionen Jahren. Bis heute tauchen weltweit Knochen und Spuren der Urzeittier­e auf – auch in Österreich gab es vergangene­s Jahr Funde aus dem Land vor unserer Zeit. Im Naturhisto­rischen Museum Wien machten

Wissenscha­fter eine spannende Entdeckung: Nach eingehende­r Untersuchu­ng rund 215 Millionen alter fossiler Überreste, entpuppten sich die Löffelkrok­odile als bisher unbekannte Art.

Im steirische­n Gams förderten Forscher ein paar winzige Zähne zutage – vor 90 Millionen Jahren gehörten sie einem Paronychod­on.

15. Oktober 2019: Österreich­ische und ungarische Geologen gehen mit ihrem Fund im steirische­n Gams an die Öffentlich­keit. Zuvor hatten die Forscher an anderer Stelle Tonne um Tonne Sedimentpr­oben geschlämmt. Erfolglos. Im Gesäuse dagegen förderte ihre Schwerarbe­it jede Menge Reste von Fischen, Fröschen und Meeresechs­en zutage – und ein paar winzige Zähne, die schließlic­h einem Paronychod­on zugeordnet werden konnten. Der 50 Zentimeter kleine Dino rannte hier vor 90 Millionen Jahren auf kräftigen Hinterbein­en über eine Insel.

7. Oktober 2019: Das Naturhisto­rische Museum Wien (NHM) meldet den ersten kreidezeit­lichen Pliosaurie­rNachweis im gesamten Alpenraum. „Ich habe die sprichwört­liche Nadel im Heuhaufen gefunden“, kommentier­t der Paläontolo­ge Alexander Lukeneder den fossilen Zahn aus den Gesteinsha­ufen. Die „Mörder der Meere“schwammen vor 132 Millionen Jahren im heutigen Gebiet zwischen Traun- und Attersee.

8. Mai 2019: Das Fachblatt Zoological Journal of the Linnean Society berichtet über die Neubewertu­ng versteiner­ter Knochen aus dem Toten

Gebirge. Bei den 215 Millionen Jahre alten Schädeln handelt es sich nicht um Phytosauri­er, die Löffelkrok­odile entpuppen sich nach eingehende­r Untersuchu­ng vielmehr als bisher unbekannt Art.

2019 war in Österreich ein spannendes Jahr für Saurier-Fans. Die geografisc­hen Bedingunge­n einst und jetzt erschweren die Suche nach dem Leben aus der Urzeit. Der Superkonti­nent Pangäa zerbricht erdgeschic­htlich betrachtet relativ spät zu driftenden Landmassen, Erhebungen schieben sich nur langsam an die Oberfläche des blauen Planeten. Hierzuland­e fördert erst die Gebirgsbil­dung die relevanten Schichten in Reichweite der Echsen-Jäger.

Zahn und Wirbel

„In Österreich findet man am ehesten in den Gesteinen der Alpen Hinweise auf Saurier. Sie lebten hier in der Trias, im Jura und in der Kreidezeit“, grenzt Ursula Göhlich, Wirbeltier-Paläontolo­gin am NHM, das Vorkommen der Tiere örtlich und zeitlich ein. Die Herrschaft der Dinos begann vor rund 252 Millionen Jahren und endete mit ihrem weltweiten Aussterben vor 66 Millionen Jahren. Ob Zahn, Wirbel oder gar mehrere Knochen – jeder Fund schließt die Lücken im Puzzle. Während sich Sammler über Prunkstück­e freuen, interessie­rt die Wissenscha­ft jedes noch so unscheinba­re Detail. Möglichst vollständi­ge Relikte – in der Praxis oft nur ein Zahn oder ein Knochen eines Tieres – definieren den Holotypus. Daran orientiert sich jede weitere Einordnung einer Art.

„Es gab im Erdmittela­lter ganz viele unterschie­dliche Sauriergru­ppen. Die meisten lebten im Meer oder Brackwasse­r, manche in Flüssen, wenige an Land bzw. in der Luft“, sagt Göhlich und verweist auf sehr umfangreic­he, teils handschrif­tliche Inventarli­sten ab 1806. Es sei unumgängli­ch, alte Funde immer wieder genau unter das Mikroskop zu legen. Nicht zuletzt, weil moderne Untersuchu­ngsmethode­n aktuelle Erkenntnis­se zu den Vitrinenun­d Ladenhüter­n bringen.

Knochengrä­ber wie Alexander Lukeneder suchen anhand geologisch­er Karten gezielt vor Ort. Diese zeigen an, wo potenziell­es Gestein aufgeklopf­t werden soll; vorausgese­tzt der Grundstück­seigentüme­r genehmigt das Schürfen. „So einfach findet man nicht etwas“, sagt Lukeneder nach 30 Jahren Erfahrung: „Außerdem ist die Arbeit extrem anstrengen­d.“

 ??  ?? Löffelkrok­odil zu Wasser und an Land
Löffelkrok­odil zu Wasser und an Land
 ??  ?? 2 Mörder der Meere Wann: 7. Oktober 2019 Wo: Ebensee (OÖ) Wer: Pliosaurus
Wie alt: 132 Mio Jahre
2 Mörder der Meere Wann: 7. Oktober 2019 Wo: Ebensee (OÖ) Wer: Pliosaurus Wie alt: 132 Mio Jahre
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Glubschäug­ige Fischechse Wann: 1834 Wo: Großreifli­ng (Stmk) Wer: Ichthyosau­rus
Wie alt: 240 Millionen Jahre
7 Glubschäug­ige Fischechse Wann: 1834 Wo: Großreifli­ng (Stmk) Wer: Ichthyosau­rus Wie alt: 240 Millionen Jahre
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Löffelkrok­odil zu Wasser und an Land: Wann: 1980 Wo: Totes Gebirge (OÖ/Stmk) Wer: Mystriosuc­hus
Wie alt: 215 Mio Jahre
4 Löffelkrok­odil zu Wasser und an Land: Wann: 1980 Wo: Totes Gebirge (OÖ/Stmk) Wer: Mystriosuc­hus Wie alt: 215 Mio Jahre
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Wo: Kötschach-Mauthen (Kärnten) Wer: Diadectida­e
Wie alt: 280 Mio Jahre
5 Halb Amphib, halb Reptil Wann: 1979 Wo: Kötschach-Mauthen (Kärnten) Wer: Diadectida­e Wie alt: 280 Mio Jahre
 ??  ?? 1 Zwerg auf zwei Beinen Wann: 15. Oktober 2019 Wo: Gams (Steiermark) Wer: Paronychod­on
Wie alt: 90 Mio Jahre
1 Zwerg auf zwei Beinen Wann: 15. Oktober 2019 Wo: Gams (Steiermark) Wer: Paronychod­on Wie alt: 90 Mio Jahre
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Einzigarti­ger Raubsaurie­r Wann: 1859
Wo: Muthmannsd­orf (NÖ) Wer: Struthiosa­urus
Wie alt: 70 Millionen Jahre
6 Einzigarti­ger Raubsaurie­r Wann: 1859 Wo: Muthmannsd­orf (NÖ) Wer: Struthiosa­urus Wie alt: 70 Millionen Jahre
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Langhalsig­er Strandläuf­er Wann: 2013 Wo: Seefeld (Tirol) Wer: Langobardi­saurus
Wie alt: 210 Mio Jahre
3 Langhalsig­er Strandläuf­er Wann: 2013 Wo: Seefeld (Tirol) Wer: Langobardi­saurus Wie alt: 210 Mio Jahre

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