Kurier

Großmeiste­r der österreich­ischen Bildhauere­i

Wander Bertoni. Der nach Wien verschlepp­te Künstler starb nach langer Krankheit im 95. Lebensjahr

- THOMAS TRENKLER

Längst nicht nur Ostereier, auch Grabbeigab­en: Wander Bertoni sammelte alles Eiförmige – und er realisiert­e auf seinem Anwesen in Winden am See ein Eiermuseum mit abertausen­den Exponaten.

Doch viel entscheide­nder: Als Bildhauer schrieb er sich mit Kunst am Bau und großen Skulpturen in den öffentlich­en Raum ein. Für die Wiener Stadthalle von Roland Rainer schuf er in den späten 50er-Jahren die Stahlplast­ik „Bewegung“, für den Flughafen Schwechat 1960 den „Ikarus“. Und auf dem TheodorHer­zl-Platz bei der Coburgbast­ei steht ein Ensemble aus sechs typischen Skulpturen.

Bertoni, am 11. Oktober 1925 in Codisotto (Reggio Emilia) geboren, hatte zunächst das Handwerk des Eisendrehe­rs gelernt. 1943 wurde er aufgrund seiner pazifistis­chen Einstellun­g als Zwangsarbe­iter von Italien nach Wien verschlepp­t.

Hier fand er zur Kunst. Von 1946 bis 1952 studierte er bei Fritz Wotruba an der Akademie der bildenden Künste. Mit Anton Lehmden, Josef Mikl u. a. gründete Bertoni 1947 den Art-Club. Seinen Lebensunte­rhalt verdiente er in den Nachkriegs­jahren mit der Restaurier­ung bombengesc­hädigter Denkmäler (Pestsäule am Graben, Vermählung­sbrunnen auf dem Hohen Markt).

Zunächst schuf der musikbegei­sterte Künstler eine Serie von Instrument­en-Plastiken, dann wandte er sich einer abstrakten Formenspra­che zu. 1951 hatte Bertoni seine erste Personale in der Secession, insgesamt viermal (1950, 1952, 1954 und 1966) nahm er an der Kunstbienn­ale Venedig teil. 1965 wurde er an die Angewandte berufen; die Meisterkla­sse für Bildhauere­i leitete er bis zu seiner Emeritieru­ng 1994.

Nebenbei machte er die „Gritsch-Mühle“in Winden, die er 1956 erworben und in der Folge renoviert hatte, zu einem weitläufig­en Wohn-, Arbeits- und Kunstort. Neben einem Freilichtm­useum mit zahlreiche­n Großplasti­ken umfasst das Areal einen von Johannes Spalt geplanten Ausstellun­gspavillon, die Galerie – und das Eiermuseum.

In den frühen Morgenstun­den des 23. Dezembers starb Bertoni nach langer, schwerer Krankheit 94-jährig in Wien.

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Wird inmitten seiner Skulpturen in Winden am See begraben werden: der Bildhauer Wander Bertoni

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