Großmeister der österreichischen Bildhauerei
Wander Bertoni. Der nach Wien verschleppte Künstler starb nach langer Krankheit im 95. Lebensjahr
Längst nicht nur Ostereier, auch Grabbeigaben: Wander Bertoni sammelte alles Eiförmige – und er realisierte auf seinem Anwesen in Winden am See ein Eiermuseum mit abertausenden Exponaten.
Doch viel entscheidender: Als Bildhauer schrieb er sich mit Kunst am Bau und großen Skulpturen in den öffentlichen Raum ein. Für die Wiener Stadthalle von Roland Rainer schuf er in den späten 50er-Jahren die Stahlplastik „Bewegung“, für den Flughafen Schwechat 1960 den „Ikarus“. Und auf dem TheodorHerzl-Platz bei der Coburgbastei steht ein Ensemble aus sechs typischen Skulpturen.
Bertoni, am 11. Oktober 1925 in Codisotto (Reggio Emilia) geboren, hatte zunächst das Handwerk des Eisendrehers gelernt. 1943 wurde er aufgrund seiner pazifistischen Einstellung als Zwangsarbeiter von Italien nach Wien verschleppt.
Hier fand er zur Kunst. Von 1946 bis 1952 studierte er bei Fritz Wotruba an der Akademie der bildenden Künste. Mit Anton Lehmden, Josef Mikl u. a. gründete Bertoni 1947 den Art-Club. Seinen Lebensunterhalt verdiente er in den Nachkriegsjahren mit der Restaurierung bombengeschädigter Denkmäler (Pestsäule am Graben, Vermählungsbrunnen auf dem Hohen Markt).
Zunächst schuf der musikbegeisterte Künstler eine Serie von Instrumenten-Plastiken, dann wandte er sich einer abstrakten Formensprache zu. 1951 hatte Bertoni seine erste Personale in der Secession, insgesamt viermal (1950, 1952, 1954 und 1966) nahm er an der Kunstbiennale Venedig teil. 1965 wurde er an die Angewandte berufen; die Meisterklasse für Bildhauerei leitete er bis zu seiner Emeritierung 1994.
Nebenbei machte er die „Gritsch-Mühle“in Winden, die er 1956 erworben und in der Folge renoviert hatte, zu einem weitläufigen Wohn-, Arbeits- und Kunstort. Neben einem Freilichtmuseum mit zahlreichen Großplastiken umfasst das Areal einen von Johannes Spalt geplanten Ausstellungspavillon, die Galerie – und das Eiermuseum.
In den frühen Morgenstunden des 23. Dezembers starb Bertoni nach langer, schwerer Krankheit 94-jährig in Wien.