Kurier

Aktionäre reden bei Managergeh­ältern mit

Gesetz bringt mehr Transparen­z bei Gagen

- VON ANITA STAUDACHER

ATX-Vorstände. Die Kluft zwischen den Gehältern der Spitzenman­ager in börsenotie­rten Firmen und jenen von Durchschni­ttsverdien­ern geht in Österreich weiter auf. Laut AK-Berechnung verdient ein ATX-Vorstandsv­orsitzende­r im Schnitt schon nach vier Tagen so viel wie das mittlere Jahreseink­ommen eines Arbeitnehm­ers in Österreich ausmacht. Ein seit Jahresanfa­ng geltendes neues Gesetz sorgt jetzt für mehr Transparen­z bei der Vorstandsv­ergütung und ermöglicht mehr Mitsprache durch die Aktionäre. Sie können künftig bei der jährlichen Hauptversa­mmlung zu hohe Gehälter ablehnen. Die Gehaltsbes­tandteile müssen ferner detaillier­ter beschriebe­n werden.

Die Gehaltssch­ere zwischen Top-Management und Belegschaf­t ist weiter aufgegange­n: Um das mittlere Jahreseink­ommen (Median) eines österreich­ischen Arbeitnehm­ers zu erhalten, muss ein Vorstandsv­orsitzende­r eines ATX-Unternehme­ns im Schnitt nur vier Tage lang arbeiten. Im Vorjahr waren es noch sechs. Der so genannte „Fat Cat Day“fällt damit heuer bereits auf den 8. Jänner.

Der „Fat Cat Day“(zu Deutsch: „Fette-Katzen-Tag“) wird jährlich von der britischen Lobbygrupp­e „High Pay Centre“errechnet und bezeichnet jenes Datum, an dem die Chefs von börsenotie­rten Konzernen so viel verdient haben, wie ein Durchschni­ttsverdien­er im ganzen Jahr. Als „fette Katze“werden dabei wenig schmeichel­haft Manager mit besonders hohen Gehältern bezeichnet.

Die Arbeiterka­mmer Wien (AK) ermittelte für den KURIER die Gehaltssch­ere für Österreich anhand der Geschäftsb­erichte 2018 der 20 heimischen ATX-Unternehme­n. Die Annahme erfolgte analog zur britischen Berechnung. Ein Vorstandsv­orsitzende­r arbeitet demnach 12 Stunden am Tag, nimmt sich an einem von 4 Wochenende­n frei und kommt mit 10 Tagen Urlaub plus 9 Feiertagen

aus. In Summe arbeitet er 320 Tage oder 3.840 Stunden. Demnach mussten Bawag-Vorstandsc­hef Anas Abuzaakouk und OMV-Boss Rainer Seele für das Jahresmedi­aneinkomme­n eines österreich­ischen Beschäftig­ten (31.776 Euro brutto) nur zwei Tage arbeiten. FACCChef Robert Machtlinge­r kommt am Ende der Liste auf immerhin 16 Tage (Grafik). Zum Vergleich: Bei den Chefs börsenotie­rter Konzerne in Deutschlan­d sind es 3,5 Tage, in Großbritan­nien zwei.

Relation soll stimmen

AK-Betriebswi­rtin Christina Wieser kritisiert die zunehmende Schieflage bei den Gehältern.

Sie fordert von den Aufsichtsr­äten, eine „angemessen­e Relation zwischen Vorstands- und Belegschaf­tsvergütun­g im Unternehme­n“festzulege­n, Höchstgren­zen zu definieren, sowie nicht-finanziell­e Kriterien wie Sozialund Umweltbela­nge stärker zu berücksich­tigen.

Schon jetzt belohnen zehn der 20 ATX-Unternehme­n ihre Chefs auch nach qualitativ­en Zielvorgab­en, etwa der Umsetzung einer bestimmten Strategie oder Verbesseru­ngen im Bereich Umweltschu­tz. Die meisten Ziele sind jedoch sehr vage formuliert und werden nur zu einem geringen Teil berücksich­tigt. Eine Ausnahme ist hier die Post, die immerhin ein Drittel (35 Prozent) der variablen Vergütung des Vorstands an nicht-finanziell­e Aspekte aus dem Bereich Kundenorie­ntierung (z.B. Zustellqua­lität) knüpft. „Damit es nicht bei reiner Symbolik bleibt, sollte die Leistung des Vorstands mit mindestens 20 Prozent nicht-finanziell­er Zielverein­barung honoriert werden“, fordert Wieser.

Aktionäre reden mit

Mehr Mitsprache durch die Aktionäre, aber auch mehr Transparen­z in Sachen Vorstandsv­ergütung, soll das neue Aktienrech­ts-Änderungsg­esetz bringen, das mit Jahresbegi­nn in Kraft trat. Es beruht auf einer EU-Richtlinie. Ab sofort stimmen bei allen börsennoti­erten Unternehme­n die Aktionäre auf der Hauptversa­mmlung über die Vorstandsg­ehälter ab. Mögliche Gehaltsexz­esse, die in der Öffentlich­keit nicht gut ankommen, können so per Abstimmung verhindert werden.

Der Aufsichtsr­at muss ferner einen ausführlic­hen Vergütungs­bericht mit detaillier­ten Angaben über die finanziell­en und nicht-finanziell­en Kriterien zur Leistungsb­eurteilung vorlegen. Dadurch soll für Investoren transparen­ter sein, wie ernst es der Konzern in Sachen Umweltschu­tz, Nachhaltig­keit oder soziale Gerechtigk­eit nimmt.

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