Koala-Land ist abgebrannt
Die Auswirkung auf die Tier- und Pflanzenwelt des Kontinents ist unabsehbar
Die Feuerkatastrophe in Australien alarmiert mittlerweile die ganze Welt. Rauchwolken ziehen bis nach Südamerika, die EU bietet Hilfe an, und manche Tennisprofis wollen die Verschiebung der Australian Open, weil sie Angst haben, in Melbourne giftige Rauchschwaden einzuatmen.
In Australien selbst tobt eine heftige Debatte. Premierminister Scott Morrison kann die Feuer nicht länger kleinreden. „Sie werden noch über Monate brennen“, sagte er am Montag. In seiner Heimat steht der liberale Regierungschef stark in der Kritik, weil er als Freund der Kohlelobby jeglichen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und den Bränden leugnete. Nach einem Hawaii-Urlaub kurz vor Weihnachten, als die Feuer wieder besonders heftig waren, reicht die Front seiner Kritiker von Öko-Aktivisten bis zu Feuerwehrleuten.
Sterbende Tiere
Die – bisherige – Katastrophe in Zahlen: 25 Menschen sind gestorben, rund acht Millionen Hektar seit September abgebrannt (etwa die Fläche Österreichs). Emotionen entfachen auch die Schicksale der betroffenen Tiere. Im Netz kursieren Videos von Koalas, die Radfahrer um Wasser anbetteln, und von herumirrenden Kängurus in verkohlten Wäldern. Hauptbetroffen sind die Bundesstaaten Victoria und New South Wales mit der Millionenstadt Sydney. Die Universität Sydney schätzt die Zahl der seitdem allein im Staat
New South Wales verendeten Säugetiere, Vögel, Reptilien und größeren Insekten auf 480 Millionen.
Besonders betroffen sind die beliebten Koalas – Baumbewohner, Beuteltiere und ein Symbol Australiens. „Sie leiden besonders, denn Koalas fressen nur bestimmte Eukalyptusarten und sind nicht sehr mobil. Sie können nicht so schnell flüchten wie Kängurus“, sagt Christian Sturmbauer, Professor für Zoologie an der Uni Graz, zum KURIER. Positiv aus Sicht des Artenschutzes ist allein, dass der Koala über den ganzen Kontinent verbreitet ist. Die Zahl von einer halben Milliarde gestorbenen Tieren hält Sturmbauer für „wahrscheinlich noch untertrieben“, seien doch Insekten und andere kaum sichtbare Tiere wohl nicht eingerechnet.
Worauf Tierfreunde wie Wissenschaftler hoffen: Die Feuer verteilen sich nicht gleichmäßig über die Landschaft, innerhalb der Brandgebiete bleiben unberührte „Inseln“. Je mehr es davon gibt, desto schneller können sich die Buschgebiete erholen. Ob die Brandinseln die Tiere überleben lassen, bleibt aber mehr als fraglich.
Prognosen über die Erholung der Tier- und Pflanzenwelt sind laut Wissenschaftlern schwierig, es fehlen Erfahrungen mit derart großen Bränden. Dennoch vermutet Biologe Sturmbauer: „Man kann von einer Erholung innerhalb eines Jahrzehnts ausgehen, manche Eukalyptusbaumarten überleben auch ein solches Feuer.“
Die Australier hoffen nun auf Regen und ein mildes Klima. Wissenschaftler sehen die historischen Brände als klaren Beleg für den Klimawandel. Ein Zusammenhang – den Australiens Premier lieber übersehen will – lasse sich nicht leugnen, sagt Harald Krenn, Professor für Integrative Zoologie an der Uni Wien: „Wenn es wärmer wird, dann wird es auch trockener. Dass die Dürre in Australien mit der Erwärmung zusammenhängt, liegt auf der Hand. Entsprechend brennt es auch leichter.“Das besonders Problematische an der Klimakrise: „Wir wissen nicht, wohin die Dinge sich entwickeln und wo wir hineinlaufen.“
Neues Feindbild
Neben der Kohle- und Klimafrage treibt die Australier noch eine weitere Frage um: Was hat die Buschfeuer ausgelöst? Dürre und Rekordtemperaturen von bis zu 50 Grad Celsius haben die Dimension verursacht, so viel ist sicher. Gleichzeitig gibt es nur wenige natürliche Auslöser von Bränden – etwa Blitzeinschläge. Gegen 180 Personen hat Australiens Polizei rechtliche Schritte wegen Brandstiftung eingeleitet.
Premier Morrison lässt wenig unversucht, um von seiner nachlässigen Klimapolitik abzulenken. Er warf in die Debatte eine neue Nebelgranate: Umweltschützer und Grüne hätten verhindert, dass Gebiete, in denen besonders viel Brennstoff lagert, regelmäßig kontrolliert abgebrannt werden. Allerdings: Experten und offizielle Daten widersprechen dieser Darstellung, die vor allem von Verschwörungstheoretikern verbreitet wird.