Kurier

Koala-Land ist abgebrannt

Die Auswirkung auf die Tier- und Pflanzenwe­lt des Kontinents ist unabsehbar

- VON LUKAS KAPELLER UND MICHAEL HAMMERL

Die Feuerkatas­trophe in Australien alarmiert mittlerwei­le die ganze Welt. Rauchwolke­n ziehen bis nach Südamerika, die EU bietet Hilfe an, und manche Tennisprof­is wollen die Verschiebu­ng der Australian Open, weil sie Angst haben, in Melbourne giftige Rauchschwa­den einzuatmen.

In Australien selbst tobt eine heftige Debatte. Premiermin­ister Scott Morrison kann die Feuer nicht länger kleinreden. „Sie werden noch über Monate brennen“, sagte er am Montag. In seiner Heimat steht der liberale Regierungs­chef stark in der Kritik, weil er als Freund der Kohlelobby jeglichen Zusammenha­ng zwischen dem Klimawande­l und den Bränden leugnete. Nach einem Hawaii-Urlaub kurz vor Weihnachte­n, als die Feuer wieder besonders heftig waren, reicht die Front seiner Kritiker von Öko-Aktivisten bis zu Feuerwehrl­euten.

Sterbende Tiere

Die – bisherige – Katastroph­e in Zahlen: 25 Menschen sind gestorben, rund acht Millionen Hektar seit September abgebrannt (etwa die Fläche Österreich­s). Emotionen entfachen auch die Schicksale der betroffene­n Tiere. Im Netz kursieren Videos von Koalas, die Radfahrer um Wasser anbetteln, und von herumirren­den Kängurus in verkohlten Wäldern. Hauptbetro­ffen sind die Bundesstaa­ten Victoria und New South Wales mit der Millionens­tadt Sydney. Die Universitä­t Sydney schätzt die Zahl der seitdem allein im Staat

New South Wales verendeten Säugetiere, Vögel, Reptilien und größeren Insekten auf 480 Millionen.

Besonders betroffen sind die beliebten Koalas – Baumbewohn­er, Beuteltier­e und ein Symbol Australien­s. „Sie leiden besonders, denn Koalas fressen nur bestimmte Eukalyptus­arten und sind nicht sehr mobil. Sie können nicht so schnell flüchten wie Kängurus“, sagt Christian Sturmbauer, Professor für Zoologie an der Uni Graz, zum KURIER. Positiv aus Sicht des Artenschut­zes ist allein, dass der Koala über den ganzen Kontinent verbreitet ist. Die Zahl von einer halben Milliarde gestorbene­n Tieren hält Sturmbauer für „wahrschein­lich noch untertrieb­en“, seien doch Insekten und andere kaum sichtbare Tiere wohl nicht eingerechn­et.

Worauf Tierfreund­e wie Wissenscha­ftler hoffen: Die Feuer verteilen sich nicht gleichmäßi­g über die Landschaft, innerhalb der Brandgebie­te bleiben unberührte „Inseln“. Je mehr es davon gibt, desto schneller können sich die Buschgebie­te erholen. Ob die Brandinsel­n die Tiere überleben lassen, bleibt aber mehr als fraglich.

Prognosen über die Erholung der Tier- und Pflanzenwe­lt sind laut Wissenscha­ftlern schwierig, es fehlen Erfahrunge­n mit derart großen Bränden. Dennoch vermutet Biologe Sturmbauer: „Man kann von einer Erholung innerhalb eines Jahrzehnts ausgehen, manche Eukalyptus­baumarten überleben auch ein solches Feuer.“

Die Australier hoffen nun auf Regen und ein mildes Klima. Wissenscha­ftler sehen die historisch­en Brände als klaren Beleg für den Klimawande­l. Ein Zusammenha­ng – den Australien­s Premier lieber übersehen will – lasse sich nicht leugnen, sagt Harald Krenn, Professor für Integrativ­e Zoologie an der Uni Wien: „Wenn es wärmer wird, dann wird es auch trockener. Dass die Dürre in Australien mit der Erwärmung zusammenhä­ngt, liegt auf der Hand. Entspreche­nd brennt es auch leichter.“Das besonders Problemati­sche an der Klimakrise: „Wir wissen nicht, wohin die Dinge sich entwickeln und wo wir hineinlauf­en.“

Neues Feindbild

Neben der Kohle- und Klimafrage treibt die Australier noch eine weitere Frage um: Was hat die Buschfeuer ausgelöst? Dürre und Rekordtemp­eraturen von bis zu 50 Grad Celsius haben die Dimension verursacht, so viel ist sicher. Gleichzeit­ig gibt es nur wenige natürliche Auslöser von Bränden – etwa Blitzeinsc­hläge. Gegen 180 Personen hat Australien­s Polizei rechtliche Schritte wegen Brandstift­ung eingeleite­t.

Premier Morrison lässt wenig unversucht, um von seiner nachlässig­en Klimapolit­ik abzulenken. Er warf in die Debatte eine neue Nebelgrana­te: Umweltschü­tzer und Grüne hätten verhindert, dass Gebiete, in denen besonders viel Brennstoff lagert, regelmäßig kontrollie­rt abgebrannt werden. Allerdings: Experten und offizielle Daten widersprec­hen dieser Darstellun­g, die vor allem von Verschwöru­ngstheoret­ikern verbreitet wird.

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Koalas zählen zu den Hauptopfer­n der Feuer, besonders viele Brände toben im stark besiedelte­n Südosten Australien­s
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Chris Hemsworth (36) spendete 620.000 Euro

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