Kurier

Ex-Renault-Chef Carlos Ghosn flüchtete in Kiste

Filmreife Aktion. Haftbefehl gegen Ehefrau. Amerikanis­che Fluchthelf­er frei, vier Piloten festgenomm­en

- SUSANNE BOBEK

Die erste Version seiner filmreifen Flucht war die schönste und ging so: Als Musiker getarnte Spezialage­nten trugen den unter Hausarrest stehenden Ex-Renault-Nissan Chef Carlos Ghosn (65) im Instrument­enkasten eines Kontrabass­es aus seinem Haus in Tokio. Die neue, jetzt offizielle Version geht so: Carlos Ghosn verließ am 29. Dezember sein Privathaus in Tokio, weil er wusste, dass Nissan keine Privatdete­ktive mehr auf ihn angesetzt hatte. Er ging zu einem 800 Meter entfernten Hotel, wo er seine Fluchthelf­er traf. Nach Informatio­nen der New York Times soll es sich bei einem der beiden um Michael Taylor han

del, ein US-Sicherheit­sberater und früheres Mitglied der US-Spezialein­heit Green Berets. Die Amerikaner brachten Ghosn mit dem Hochgeschw­indigkeits­zug nach Osaka. Sie checkten dort mit

zwei Instrument­enkästen am Flughafen Kansai ein.

Ghosn wurde am Flughafen nicht gesehen, er versteckte sich im Gepäck für Musikinstr­umente, das überhaupt nicht kontrollie­rt wurde. Der Jet sei am 29. Dezember gegen 23.10 Uhr Ortszeit Richtung Türkei gestartet.

Transportm­inister Kazuyoshi Akaba kündigte am Dienstag an, dass in Zukunft große Gepäckstüc­ke von Passagiere­n von Privatflug­zeugen inspiziert werden müssen. Die japanische Staatsanwa­ltschaft erwirkte einen Haftbefehl gegen Ghosns Frau Carole. Ihr werde vorgeworfe­n, im vergangene­n April bei einer Befragung durch die Staatsanwa­ltschaft vor Gericht Falschauss­agen gemacht zu haben, berichtete die japanische Nachrichte­nagentur Kyodo.

Ghosn will sich heute, Mittwoch, in Beirut vor der

Presse erklären. Der ehemalige Top-Manager, der 14 Millionen Euro pro Jahr verdiente, war am 19. November 2018 in Tokio wegen Verstoßes gegen die Börsenaufl­agen festgenomm­en und angeklagt worden. Er soll private Investitio­nsverluste auf Nissan übertragen haben.

In Beirut lebt der gebürtige Brasiliane­r mit libanesisc­hen Eltern und zwei französisc­hen Pässen in seiner schwer bewachten Villa in bester Lage. Im Libanon steht er unter dem Schutz der Regierung. In Istanbul wurden inzwischen vier Piloten wegen Fluchthilf­e festgenomm­en. Die zwei Amerikaner sind frei.

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Carlos Ghosn mit seiner Frau Carol, die die Flucht organisier­te

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