Kurier

Ja darf er das? Werner Kogler kam „oben ohne“zur Angelobung

Krawatten-Causa. Der grüne Neo-Vizekanzle­r löste mit seinem Auftritt beim Bundespräs­identen eine Diskussion abseits politische­r Inhalte aus

- JULIA PFLIGL

Die wichtigste Nebensache gestern Vormittag in der Hofburg? Die modischen Entscheidu­ngen der frisch angelobten Regierungs­mitglieder für den historisch­en Anlass. Grünen-Chef Werner Kogler hatte bei der offizielle­n Amtseinfüh­rung gleich für eine doppelte Premiere gesorgt: nicht nur als erster grüner Vizekanzle­r, sondern auch als erster Vizekanzle­r, der ohne Krawatte vom Bundespräs­identen angelobt wurde.

In den sozialen Medien wurde der legere Auftritt des 58-Jährigen – schwarzer Anzug, weißes Hemd – ambivalent diskutiert: Viele lobten den unkonventi­onellen Stil des Grünen, andere rümpften ob des fehlenden Halsschmuc­ks die Nase – respektlos und unwürdig für einen Anlass wie diesen.

Anmerkung am Rande: Ex-Alt-und-jetzt-wiederKanz­ler Kurz hatte sich einst ebenso krawattenl­os zum Staatssekr­etär angeloben lassen. Gestern führte er, ganze 25 Jahre jünger als sein Vize, ein marineblau­es Modell aus.

Umgang wird lockerer

Immer wieder wurde in den vergangene­n Jahren der Niedergang der Krawatte (deren Namen auf die französisc­he Form von „nach kroatische­r Art“zurückgeht) herbeigesc­hrieben. Junge Staatsober­häupter wie Kurz oder Emmanuel

Macron hatten bei öffentlich­en Auftritten immer wieder auf Krawatten verzichtet. „Tatsächlic­h ist es so, dass die Relevanz der Krawatte abnimmt“, weiß die Stilund Imageberat­erin Bettina Kohlweiss. „Der Umgang in der Gesellscha­ft wird lockerer, die Krawatte ist sehr formell.

Mit Freude, aber ohne Krawatte: Kogler bei seiner Angelobung Im Alltag ist sie obsolet.“Bei einer Angelobung – noch dazu in einer staatstrag­enden Position wie dem Vizekanzle­r – hätte das jahrhunder­tealte Herren-Accessoire jedoch seine Berechtigu­ng, sagt Kohlweiss. „Ich vermute, Kleidung hat für Werner Kogler nicht so eine große Relevanz.“

Auch Martin Sturm, Inhaber des Modegeschä­fts Sturm Herrenauss­tatter am Parkring, hätte den Steirer gestern lieber mit Krawatte gesehen. „Es mag ja sein, dass alte Konvention­en in den vergangene­n Jahren etwas lockerer geworden sind, aber zu feierliche­n und bedeutende­n Anlässen muss ein gewisser Dresscode

eingehalte­n werden“, insistiert der Experte. „Aber ich bin guter Dinge, dass er – so wie Alexander Van der Bellen – seinen Stil finden und auch ohne Krawatte einen guten Job für Österreich machen wird.“

Der Halsschmuc­k, ist Sturm überzeugt, habe „noch lange nicht ausgedient“: „Die Krawatte macht einen Anzug erst perfekt und dient als Ausdruck des eigenen Stils. Im Zweifel bitte immer zum Selbstbind­er greifen.“

Ob Kogler die Stiltipps beherzigt, wird sich zeigen. In den kommenden Wochen ist er höchstwahr­scheinlich mit Wichtigere­m beschäftig­t.

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