„Ich bin manchmal zu ehrlich“
Die Mimin nimmt sich in ihrem Musik-Kabarett kein Blatt vor den Mund
Jeder kleine Spießer macht das Leben mir zur Qual, denn er spricht nur immer von Moral“, raunte einst die hochgewachsene rothaarige Schwedin Zarah Leander (✝ 1981) mit rauchiger Stimme. „Kann denn Liebe Sünde sein?“, fragt sich jetzt auch Schauspielerin Nina Proll. Direkt, provokant, ironisch, satirisch und ein bisserl frivol – eben auf ihre Art.
„Was ist überhaupt eine Sünde, wie haben sich die Sünden verändert, gibt’s jetzt etwas, was man früher durfte und jetzt nicht mehr oder umgekehrt? Ist vielleicht das, was früher als Sünde gegolten hat, heute zur Tugend geworden? Es geht ganz viel auch um das Thema Freiheit. Also wie frei, wie liberal ist unsere Gesellschaft wirklich und was hat die Liebe davon? Also profitieren das Liebesleben und das Sexleben von diesen Entwicklungen oder nicht?“, erzählt sie im KURIERInterview über ihr neues musikalisches Kabarettprogramm.
Auch Verzicht, Verbot und politische Korrektheit werden thematisiert. „Es wird immer argumentiert, zum Schutz von uns allen darf man gewisse Dinge jetzt nicht mehr. Egal, ob das das Wurstsemmel-Essen in der UBahn oder das breitbeinige Sitzen oder das Rauchverbot überall ist“, so Proll. „Oder das richtige Sprechen. Politische Korrektheit bezieht sich ja meist auf die Sprache. Gewisse Dinge darf man einfach nicht mehr sagen und dann gibt es sie auch nicht mehr. Das ist ja der Irrtum, dass man meint, wenn man das Wort ,Negerkönig’ aus den Pippi-Langstrumpf-Büchern streicht, dann gibt es keinen Rassismus mehr. Oder wenn ich im Büro nicht mehr Schatzi sage, dann gibt’s keinen Sexismus mehr oder was auch immer. Und das ist natürlich Quatsch. Indem man die Sprache reglementiert, verleugnet man einfach die Realität“, sagt die Schauspielerin, die auch meint, dass der Mensch mit der Freiheit nicht wirklich umgehen kann.
„Der Mensch braucht scheinbar immer irgendein Korsett, in dem er sich bewegt. Immer wenn es besonders lustfeindlich wird in einer Gesellschaft, ist das ja ein Aufleben der Sünde. Immer wenn besonders viel verboten wird, kriegt das einen besonderen Reiz. Wenn sehr viel verboten wird, dann wird alles noch interessanter. Wenn die Menschen zu viele Möglichkeiten und zu viel Freiheit haben, wissen sie nicht mehr, was sie wollen. Dann beginnen sie wieder, irgendwelche Regeln aufzustellen, damit sie aufbegehren können oder sich unterordnen können.“Egal ob man ihrer Meinung ist, oder nicht – Proll ist eine Frau mit Haltung, mit Kalkül hat das aber nichts zu tun, wie sie selber sagt.
„Ich überlege mir nicht, was könnte ich jetzt wieder Provokantes sagen, dass jemand aufschreit. Sondern, ich sage tatsächlich immer das, was ich mir gerade denke. Ich bin manchmal zu ehrlich und zu wenig politisch korrekt, gerade für die sozialen Medien“, lacht sie.
Und einen guten Tipp hat sie für all jene Frauen, die an sich zweifeln sollten. „Wie viele Dinge macht man in seinem Leben, weil man glaubt, nicht gut genug, nicht schön genug oder dieses und jenes zu sein. Wenn man sich einmal wirklich zugesteht, zu sagen: Oh ja, es ist gut genug, so zu sein, wie ich bin, dann hört man auf, das zu kompensieren und dann beginnt man, ganz andere Dinge zu machen. Dann ergeben sich auf einmal ganz andere Möglichkeiten und Wege, die man davor gar nicht gesehen hat, weil man ständig nur mit dem beschäftigt war!“Warum sie keine Selbstzweifel und keine Angst vorm Scheitern hat, lesen Sie auf kurier.at