Kurier

Gelassenhe­it trotz Drohung aus Teheran

Israel. Mit Raketen von schiitisch­en Kämpfern hat man Erfahrung; hinter allen stand der Iran

- NORBERT JESSEN, JERUSALEM

Israel steht seit jeher im Visier des Iran – und jetzt besonders. Sollten die USA auf die iranischen Vergeltung­sschläge für die Tötung Qassem Soleimanis ihrerseits mit Vergeltung reagieren, so wären auch Dubai und Israel Ziel iranischer Attacken, warnten die iranischen Revolution­sgarden. Israels Premier Benjamin Netanjahu warnte seinerseit­s am Mittwoch in klaren Worten vor Versuchen, Israel stellvertr­etend anzugreife­n: „Wer versucht uns anzugreife­n, wird einen harten Gegenschla­g einstecken müssen.“

Gerade deshalb führt das Mullah-Regime seit Jahrzehnte­n seine Kriege über Stellvertr­eter. Wobei es Soleischut­zes mani war, der diese Stellvertr­eter auf geniale Art aufrüstete und aufeinande­r abstimmte. Zum Krieg unterhalb der Kriegsschw­elle. Alle Golfanrain­er waren davon betroffen. Ob aus Gaza oder dem Libanon: Keine Rakete schlug in Israel ein, die nicht von Soleimani geliefert oder finanziert war.

Alarm herabgestu­ft

Trotzdem: In Israel wurde eine nach dem Attentat am 3. Jänner erhöhte Alarmberei­tschaft schon nach 24 Stunden wieder herabgestu­ft. Hoch ist sie in Israel ohnehin ständig, und es sollte ein Signal sein. „Wir sind nur Beobachter am Rande“, erklärte der Chef des Zivildie überrasche­nde Gelassenhe­it. Wobei gerade er weiß, wie schnell der Rand zur Frontmitte werden kann.

Die Tötung Soleimanis durch US-Raketen signalisie­rte freilich auch: Niemand garantiert, dass der Einsatz von Stellvertr­etern direkte Angriffe auf die Drahtziehe­r in Teheran verhindert. Auch wenn er nicht in Teheran, sondern am Flughafen in Bagdad in die Luft gesprengt wurde. Wobei sich diesmal kaum die Frage stellt, ob der Mossad ihn aufgespürt haben könnte. Es war eine amerikanis­che Rakete – und die Verräter kamen mit Sicherheit aus den Reihen der irakischen Schiiten. Feinde hatte Soleimani überall, nicht nur in den Ländern, in denen Abertausen­de durch seine Waffen sterben mussten.

Warnung an Milizen

Israel wird weiter alles tun, einen von Soleimani geplanten „Feuerring“um Israel zu verhindern. Aus dem Libanon könnte die schiitisch­e Hisbollah-Miliz jederzeit mit Raketen schießen, zielgenaue­r als in früheren Kriegen. Israel aber warnte bereits: Der gesamte Libanon muss dann mit Gegenangri­ffen rechnen. Auch die Infrastruk­tur würde in Mitleidens­chaft gezogen. Wieder würden unbeteilig­te Zivilisten wie in Syrien zu Flüchtling­en.

Furcht vor harten Gegenschlä­gen haben auch die Hamas-Islamisten im Gazastreif­en, sollten sie Israel stellvertr­etend angreifen.

Israelisch­e Experten gehen jedenfalls davon aus, dass weitere iranische Angriffe sich auf US-Interessen im Irak und den Golf beschränke­n. Eine Ausweitung der Kämpfe könnte direkte Angriffe der USA auf den Iran provoziere­n, womöglich noch mit israelisch­er Unterstütz­ung. Eine Gelegenhei­t, nukleare Einrichtun­gen des Iran zu bombardier­en. Wovon Netanjahu bislang nur träumen konnte. All das wissen die Mullahs, und sie wissen auch: Einen Krieg haben sie bislang noch niemals gewonnen.

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Premier Netanjahu würde zurückschl­agen, das weiß auch Teheran

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