Kurier

Zwei kurze Boomjahre – dann schlugen Trumps Sanktionen zu

- HSP

Das Potenzial wäre enorm: Der Iran zählt 83 Millionen Einwohner, die mit durchschni­ttlich 30,5 Jahren überaus jung sind (Österreich: 44 Jahre). „Es gibt auch eine grundsätzl­ich breit aufgestell­te Industrie“, sagt Christoph Grabmayr, der österreich­ische Wirtschaft­sdelegiert­e in Teheran. Diese liefert vor allem in die zentralasi­atischen Nachbarlän­der, von Irak bis Afghanista­n. Groß (und teils überzogen) waren folglich im Westen die Erwartunge­n, als der Markt nach dem Wiener Anti-Atom-Abkommen von 2015 geöffnet wurde. Im Folgejahr gab es 12,5 Prozent Wachstum.

Der Aufwind fand ein abruptes Ende, als US-Präsident Trump das Anti-Atomabkomm­en im Mai 2018 aufkündigt­e und harte Sanktionen folgten, die europäisch­e Unternehme­n ebenfalls in Geiselhaft nahmen. In den ersten drei Quartalen 2019 brachen Österreich­s Ausfuhren in den Iran um gut 56 Prozent auf 89 Millionen Euro ein. Noch dramatisch­er war der Rückgang der Importe, um 97 Prozent auf nur noch 13 Millionen Euro: Hier hatte es im Jahr davor noch große Öllieferun­gen gegeben. Ein wenig sei dieses Bild verfälscht, sagt der Wirtschaft­sdelegiert­e: Iranische Nüsse oder Trockenfrü­chte würden in den Niederland­en, Deutschlan­d oder Italien weitervera­rbeitet und kämen von dort in die heimischen Regale.

An sich wären Lebensmitt­el, Medizintec­hnik oder Pharmazeut­ika gar nicht von den Sanktionen erfasst. Das Problem ist die Zahlungsab­wicklung – aus Angst vor Repressali­en in den USA haben sämtliche Banken den Geldverkeh­r eingestell­t.

Von EU „nur schöne Worte“

Ein seit Langem geplantes EU-Vehikel für Finanzieru­ngen – unter Umgehung der USA – kommt nicht und nicht in die Gänge. Der Vorwurf vieler enttäuscht­er Iraner ist, dass man „von Europäern nur schöne Worte bekommt“, so Grabmayr. Eine Folge: Es mangelt überall an Ersatzteil­en und Vorprodukt­en. Etwa im Automobilw­erk Iran Khodro, das auf fast 60 Jahre Tradition zurückblic­kt. „Derzeit gibt es große Probleme, weil Systeme wie ESP und ABS oder Katalysato­ren von lokalen Zulieferer­n kaum zu bekommen sind“, sagt Grabmayr. Viele Betriebe mussten zusperren, der IWF schätzt die Arbeitslos­enrate auf 17 Prozent.

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