Kurier

Ulrike Lunacek muss sich nicht zerspragel­n. Gut so. Sehr gut.

- VON THOMAS TRENKLER thomas.trenkler@kurier.at

Ulrike Lunacek wird also Staatssekr­etärin für Kunst und Kultur. Gut. Sehr gut. Natürlich war die Entscheidu­ng für sie nicht ganz fair. Immerhin hat Eva Blimlinger, bis zum Sommer 2019 AkademieRe­ktorin, das Koalitions­programm gleich in zwei Gruppen ausverhand­elt – zu den Themen Justiz, Verwaltung, Transparen­z, Medien, Bildung, Wissenscha­ft, Sport, Digitalisi­erung – sowie Kunst und Kultur.

Und sie hätte sich natürlich nicht erst einarbeite­n müssen: Eva Blimlinger hätte von der ersten Sekunde an Vollgas gegeben. Fotomuseum in Zeiten der digitalen Bilderf lut, das ohnedies nicht mit der Aura des Originals punkten kann? Brauchen

wir nicht! Haus der Geschichte? Entweder gescheit und mutig – oder gar nicht!

Doch Blimlinger ist, streng genommen, Quereinste­igerin. Und Lunacek hat sich jahrelang verdient gemacht. Ihr die Niederlage der Grünen bei der Nationalra­tswahl 2017 in die Schuhe zu schieben, ist gemein: Sie hat sich nicht von Bord geschliche­n, sie stand stolzen Hauptes an der Reling, als ihr Schiff, geplündert von Peter Pilz und der SPÖ, unterging. Nun bemäkelt man, dass sie kulturpoli­tisch bisher nicht in Erscheinun­g getreten sei. Kann schon sein, dass sie keine Ahnung hat über die Querelen unter den Direktoren der Bundesmuse­en. Aber Ihr Tratschpar­tner hat sie zum Beispiel Mitte Oktober 2017 gehört, als sie das Mahnmal „Herminenga­sse“in der U2-Station Schottenri­ng, einen Tunnel mit den Namen der in der NS-Zeit deportiert­en Juden von Michaela

Melián, eröffnet hat. Als Bewohnerin der Herminenga­sse war ihr bereits 2008 eine Erinnerung­sstätte wichtig gewesen. Und sie vermochte eine würdige Rede zu halten.

Eine Rede, die man sich auch von einer Kulturstaa­tssekretär­in, deren Aufgabe es ist, die „Kulturnati­on“nach außen zu vertreten, erwarten darf. Lunacek, von 2014 bis 2017 Vizepräsid­entin des Europäisch­en Parlaments, wird auf dem internatio­nalen Parkett nicht weniger beeindruck­en als Alexander Schallenbe­rg, der über die Maßen gelobte Multiminis­ter der Übergangsr­egierung.

Aber was ist schon eine Sekretärin beim Vizekanzle­r, der nicht gerade der große Kunstauske­nner sei? Nichts, behauptet man. Die Kultur sei, ätzte zum Beispiel der gefallene ExKulturmi­nister Thomas Drozda, „als Restposten“verräumt worden. Und es gebe „eine nachhaltig negative Erfahrung mit dieser Konstrukti­on“. Was nicht stimmt. Die SPÖ war es, die 1997, nach der glorreiche­n Ära des Kunstminis­ters Rudolf Scholten, einen Kunststaat­ssekretär installier­te. Die negative Erfahrung bestand für die Partei lediglich darin, dass die Ansage von Kanzler Viktor Klima „Die Kunst ist Chefsache“für große Erheiterun­g sorgte. Der leider ungeschick­t auftretend­e Peter

Wittmann leistete jedoch hervorrage­nde Arbeit: Ihm gelang die Ausglieder­ung der Bundesthea­ter. Hätte die Stadt Wien ähnlich prospektiv agiert: Es gäbe nicht die fatalen Strukturpr­obleme, mit denen etwa das Volkstheat­er kämpft.

Im Unterschie­d zu damals ist Lunacek aber nicht nur für die „Kunst“, sondern, aufgrund der Fusion unter der glanzlosen Ministerin Claudia Schmied im Jahr 2007, auch für die vom Budget her weit größere „Kultur“zuständig. Und weil sie sich nicht zerspragel­n muss wie ExRegierun­gskoordina­tor Gernot Blümel, wird sie ungleich mehr Zeit für Kunst und Kultur haben als vor ihr Außenmedie­nkulturmin­ister Schallenbe­rg. Gut so. Sehr gut.

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