Kurier

Koalitions­start mit ersten Ansagen

Erste Teile der Steuerrefo­rm sollen 2021 in Kraft treten. Die Grünen wollen auf Dienstauto­s verzichten

- VON CHRISTIAN BÖHMER UND IDA METZGER

Eine neue Bundesregi­erung braucht eine neue Inszenieru­ng. Ein wenig zumindest. Und so gesehen war es nachgerade logisch, was sich am Mittwoch im Kanzleramt zutrug.

Für die erste Sitzung der tags zuvor angelobten Bundesregi­erung hatten Sebastian Kurz und Werner Kogler die Beginnzeit adaptiert: Der türkis-grüne Ministerra­t tagt künftig um elf. Das ist später als in früheren Regierunge­n. Doch es wäre verwegen, die „gemächlich­ere“Beginnzeit als Indiz für eine neue Gemütlichk­eit zu werten. Das Gegenteil ist der Fall. Doch dazu später mehr.

Zunächst gilt es zu erwähnen, dass Sebastian Kurz nach der ersten Regierungs­sitzung von Türkis-Grün nicht auftrat. An seiner statt erklärte sich Gernot Blümel.

Der neue Finanzmini­ster wird nämlich, gemeinsam mit Werner Kogler, die „Koordinier­ung“übernehmen. Im Nicht-Politiker-Deutsch heißt das: Die beiden organisier­en die Abläufe zwischen Türkis und Grün. Inhaltlich wie terminlich.

Und es wird federführe­nd an ihnen liegen, den politische­n Alltag – und damit das Gelingen – der Koalitions­arbeit zu garantiere­n.

Damit gleich einmal klargestel­lt ist, dass man „sofort mit der Arbeit startet“(Blümel), versuchte das ungleiche Koordinier­ungsduo – zackig und knapp der eine, launig abschweife­nd der andere – zu umreißen, welche Schwerpunk­te des Regierungs­programms schon demnächst umgesetzt werden.

Die Liste der erwähnten Maßnahmen blieb – vorerst – überschaub­ar. Man gab es lieber allgemein, sprach von möglichen „Schwerpunk­tsetzungen“, die 2020 noch angegangen werden könnten. Was genau? Soweit kam’s dann doch nicht.

Steuerrefo­rm 2021

Ausgemacht scheint zwischen ÖVP und Grünen jedenfalls, dass die erste Etappe der Steuerrefo­rm im Jänner 2021 in Kraft tritt.

Da beiden Koalitions­partnern die Entlastung der Niedrig-Verdiener ein Anliegen ist, besteht eine „gewisse Verdachtsl­age“(Kogler), dass dieser Schritt schneller passiert als die Entlastung von mittleren und höheren Einkommen.

Auch beim Bundesbudg­et beschriebe­n Blümel und Kogler grob das Fixierte: Am 18. März wird der neue Finanzmini­ster seine erste Budgetrede halten. Bis dahin wird der Staat mit einem Provisoriu­m verwaltet, das bei der Nationalra­tssitzung kommenden Freitag beschlosse­n werden soll.

Keine Eile besteht bei der „ökosoziale­n Steuerrefo­rm“. Die „Umsteuerun­g“, also der Ausstieg aus fossilen Brennstoff­en, sei ein Projekt, bei dem man an „größeren Rädern“zu drehen habe – und das dürfe, ja müsse mehr Zeit in Anspruch nehmen, sagte Kogler. Der Grüne hatte – auch das sei gesagt – bei der ersten Erklärung als stellvertr­etender Regierungs­chef die Lacher auf seiner Seite.

Anekdotisc­h sei die Szene erwähnt, als ein ÖVP-Sprecher Koglers Auftritt für beendet erklärte, obwohl der Chef der Grünen noch etwas zu sagen hatte. Andere Vizekanzle­r hätten mit Grimm reagiert. Aber Kogler? Er zwinkerte, sagte ein gedehntes „Passt scho!“ins Mikrofon – und ließ es damit bewenden.

Am Rad unterwegs

Am Umstand, dass ÖVP und Grüne in unterschie­dlichen Welten leben, ändert die Harmonie bei der Premiere freilich wenig. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, wie es die Parteien mit der Mobilität halten. Beispiel Leonore Gewessler: Nur wenn es das Wetter absolut nicht zulässt, will die neue Umweltmini­sterin der Grünen nicht per Rad zu Terminen fahren. Auch Vizekanzle­r Werner Kogler, Justizmini­sterin Alma Zadić sowie Sozialmini­ster Rudolf Anschober werden auf die klassische­n Dienstlimo­usinen verzichten.

„Wir prüfen gerade, welche Möglichkei­ten es gibt, wenn wir Termine in den Bundesländ­ern haben“, sagt eine Sprecherin. Soll heißen: Nicht nur Bahn, sondern auch Mietoder Kauf-eMobile werden herangezog­en.

In der ÖVP will man vorerst keine Änderungen in Sachen Mobilität vornehmen. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und seine Ministerko­llegen werden weiter mit Limousine und Flugzeug unterwegs sein.

Wie praktikabe­l die CO2-freien Vorsätze der Grünen sind, wird sich ohnehin noch weisen. Für Minister sind ihre Limousinen in der Regel Büros, in denen sie zwischen Terminen telefonier­en, Akten durcharbei­ten und sich mit Mitarbeite­rn oder dem Koalitions­partner abstimmen.

Bei Werner Kogler wird es öfters dazu kommen, dass er sich selbst ein eAuto mietet oder eines aus dem Verteidigu­ngsministe­rium ausborgt. Denn dass der grüne Vizekanzle­r staatspoli­tisch heikle Entscheidu­ngen oder Telefonate im Bus oder zwischen den Passagiere­n einer Straßenbah­n trifft, wird in seinem Umfeld – wohl zu Recht – ausgeschlo­ssen.

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