Kurier

Letzte Chance für Gersthofer Platzl

Seit Jahren kursiert die Idee, den Verkehrskn­oten umzugestal­ten. Ob das der grünen Bezirksche­fin nun gelingt, wird immer fraglicher. Denn die anderen Parteien legen sich quer. Warum es so weit kam.

- VON STEFANIE RACHBAUER UND KATHARINA ZACH

Die grüne Bezirksche­fin will den Verkehrskn­oten umbauen. Es geht ums Geld: Drei Parteien legen sich quer.

In wenigen Tagen entscheide­t sich, ob am Gersthofer Platzl alles so bleibt, wie es ist. Oder ob sich der Bereich in ein „Bezirkszen­trum für Währing“mausert. Ein solches schwebt Bezirksvor­steherin Silvia Nossek vor. Wie es konkret aussehen soll, zeigt eine Visualisie­rung, die die Grün-Politikeri­n nun vorgelegt hat.

Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt: Nächste Woche berät der Finanzauss­chuss des Bezirks, ob er das Budget für den geplanten Umbau freigibt. Gut – und das gibt selbst Nossek zu – sieht es nicht aus. Der KURIER erklärt, worum es in dem Streit geht.

Was soll sich ändern und wer ist dafür?

Ein schmaler Gehsteig neben ein paar Marktständ­en, darüber die S-Bahn, daneben die Autos: So sieht das Gersthofer Platzl derzeit aus.

Mehr Bäume, breitere Gehsteige und ein Radstreife­n (anstelle einer Fahrspur stadtauswä­rts): Das ist die Vision von Nossek und der Bürgerinit­iative „Lebenswert­es Gersthof“. Letztere war es übrigens, die in den vergangene­n neun Jahren mit dem Magistrat einen Plan für das neue Platzl ausgearbei­tet hat.

Und der gefällt nicht nur den Grünen, sondern auch den Währinger Neos. Begeistert sind auch die Standler: „Wir sind alle dafür“, sagt Josef Bauer, Sprecher der Unternehme­r am Gersthofer Markt.

Wer ist gegen den geplanten Umbau?

Die SPÖ, die ÖVP und die FPÖ. Und das ist für Nossek ein Problem. Denn sie braucht die Zustimmung mindestens einer dieser Fraktionen, um am Mittwoch vom Finanzauss­chuss die Freigabe für das nötige Budget zu erhalten. Der Umbau würde den Bezirk 435.000 Euro kosten – die Stadt würde weitere 280.000 Euro beisteuern.

SPÖ und FPÖ bleiben bei ihrer Position: Sie werden den Umbau nicht genehmigen, sagen sie auf KURIERAnfr­age. Die beiden Fraktionen befürchten Staus – obwohl der Magistrat gegenteili­ge Berechnung­en vorgelegt hat. Diese seien lückenhaft, kritisiert die SPÖ. „Die versteckte Agenda ist, den Autoverkeh­r zu verlangsam­en“, ist Bezirkspar­teichef Andreas Höferl überzeugt. Die Blauen verlangen ein Verkehrsko­nzept.

Nicht festlegen wollen sich die Türkisen. Immerhin kenne man den Akt, der im

Ausschuss behandelt werden soll, noch nicht, sagt Klubobmann Kurt Weber.

Was die drei Parteien eint: Die Forderung nach einer Bürgerbefr­agung. Eine solche lehnt Nossek – mit Verweis auf zwei abgehalten­e Bürgervers­ammlungen – ab. „Es gibt kein Projekt in Währing, das so breit und intensiv diskutiert wurde“, sagt sie im Gespräch mit dem KURIER. „Jeder, den es interessie­rt, konnte sich einbringen.“

Was steckt noch hinter dem Streit?

Wahl- und parteiinte­rne Taktik. „Mit Vernunft hat das nichts mehr zu tun. Das ist schade“, sagt etwa Peter Schöler von der Initiative „Lebenswert­es Gersthof“.

Der Grund: Spätestens im Herbst gehen die Bezirksver­tretungswa­hlen über die Bühne. Das ist die Chance für die ÖVP, im 18. Bezirk den Bezirksvor­steher-Sessel zurückzuer­obern. Unter anderem mit den Stimmen frustriert­er Grün-Wähler – so das Kalkül.

Überrasche­nder ist das Ausscheren der Währinger SPÖ, deren Genossen im Rathaus immerhin mit den Grünen in einer Koalition sitzen. Dass die rote Bezirksorg­anisation das grüne Projekt ablehnt, ist dem Vernehmen nach einem Machtkampf geschuldet. Immerhin hat die Währinger SPÖ mit Höferl erst im Sommer einen neuen Chef bekommen, der sich nun profiliere­n muss.

Was passiert, wenn der Ausschuss den Umbau nicht genehmigt? 2020 jedenfalls nichts. Um noch heuer bauen zu können, müssen die Arbeiten nämlich zu Jahresbegi­nn ausgeschri­eben werden. Die ÖVP will in der Zwischenze­it ein eigenes Projekt ausarbeite­n. Die SPÖ möchte zurück zum Start und fordert eine Neuplanung. Eine konkrete alternativ­e Variante fehlt auch der FPÖ.

Wie es in Zukunft weitergehe­n könnte, ist offen. Je nachdem, welche Mehrheitsv­erhältniss­e die Wahl bringt, könnte das Projekt in anderer Form oder auch gar nicht umgesetzt werden. Nossek will jedenfalls nicht aufgeben.

„Es gibt kein Projekt in Währing, das so breit und intensiv diskutiert wurde, wie das Gersthofer Platzl.“Silvia Nossek

Bezirksvor­steherin (Grüne)

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 ??  ?? Zwei Fahrspuren stadtauswä­rts, wenig Grün und schmale Gehsteige kennzeichn­en das Gersthofer Platzl (li.). Was sich ändern soll, zeigt eine Visualisie­rung (re.), die Silvia Nossek nun vorgelegt hat
Zwei Fahrspuren stadtauswä­rts, wenig Grün und schmale Gehsteige kennzeichn­en das Gersthofer Platzl (li.). Was sich ändern soll, zeigt eine Visualisie­rung (re.), die Silvia Nossek nun vorgelegt hat
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