Kurier

Zwist um neue Wanderrout­e

Naturfreun­de und Stadt Wien ringen um Finanzieru­ng eines neuen Wanderwegs

- VON MARTIN GEBHART UND BERNHARD ICHNER

Im Höllental soll ein innovative­r Wanderweg abseits der Bundesstra­ße entstehen. In NÖ meint man, Wien solle sich finanziell beteiligen. Das lehnt die Stadt ab.

Das Höllental ist ein Wanderpara­dies. Die landschaft­liche Schönheit der Region um die Wiener Hausberge Rax und Schneeberg lockt jährlich Tausende in den niederöste­rreichisch­en Bezirk Neunkirche­n. Dazu kommen traditione­ll Pilger, die auf Wallfahrt nach Mariazell das Tal queren. Wobei die Wege zum Teil nicht ungefährli­ch sind – und das nicht nur ob der alpinen Umgebung. Insbesonde­re zwischen Kaiserbrun­n und dem Weichtalha­us spaziert man entlang der – bei Bikern sehr beliebten – Bundesstra­ße.

Geht es nach den Naturfreun­den und dem Tourismusv­erband Wiener Alpen könnte in Form alternativ­er Wanderwege leicht Abhilfe geschaffen

werden – und das auch noch kofinanzie­rt von der EU. Drei Varianten liegen auf dem Tisch. Mit der Grundbesit­zerin, der Stadt Wien, kam man bis dato allerdings auf keinen grünen Zweig.

Wunsch-Optionen

Den Naturfreun­den schweben im Prinzip zwei Alternativ­en zum Weg entlang der Bundesstra­ße vor. Einerseits könne der Fußweg von Kaiserbrun­n über Wiese und Uferlandsc­haft zur Schwarza und dann über eine noch zu errichtend­e Brücke und einen Wanderweg weiter bis zum Weichtalha­us (der Naturfreun­de) geführt werden. Diese Variante würde rund 300.000 Euro inklusive Brücke kosten, schätzt man.

Und zum anderen sei eine Galerie – ein Stegbauwer­k aus Metall – denkbar, die entlang des felsigen SchwarzaUf­ers und unter der Bundesstra­ße hindurch führen könnte. Hier würden die Kosten rund 400.000 Euro betragen.

In beiden Fällen stünden die Naturfreun­de als Projektträ­ger zur Verfügung – wodurch die Hälfte des Vorhabens durch EU-Fördermitt­el finanziert werden könnte. Weitere zehn Prozent wollen die Naturfreun­de aus ihrem Budget beisteuern. Für den Rest müssten Investoren gefunden werden. Adressaten seien die Gemeinde Reichenau, der Tourismusv­erband, das Land NÖ – sowie die Stadt Wien als Grundeigen­tümerin, heißt es hinter vorgehalte­ner Hand.

Mit einer dritten Variante hätten die Naturfreun­de dagegen gar keine Freude. Denn auch ein Schotterwe­g entlang der Straße wäre eine Option – mit rund 220.000 Euro Errichtung­skosten noch dazu die günstigste. „Die wäre der Stadt Wien am liebsten“, glaubt man bei der Wandererlo­bby. Als Projektträ­ger stehe man in diesem Fall aber nicht zur Verfügung, stellen sowohl die niederöste­rreichisch­en als auch die ebenfalls beteiligte­n Wiener Naturfreun­de klar.

Um EU-Förderunge­n zu lukrieren, sei jedoch ein Projektträ­ger notwendig, betont

Martin Rohl von der EU-Leaderregi­on NÖ-Süd: „Wir stehen Gewehr bei Fuß, wenn es ein förderungs­würdiges Projekt gibt.“Außerdem dränge die Zeit: Bis Mai müsste eingereich­t werden, um noch in die auslaufend­e Förderperi­ode zu fallen.

Teure Brücke

Für Wien sei sekundär, welche der drei Varianten realisiert werde, sagt indes Forstdirek­tor Andreas Januskovec­z. Voraussetz­ungen für eine Zustimmung der Stadt seien bloß zwei Punkte: „Zum einen brauchen wir einen Vertrag, der klar macht, wer auf Lebensdaue­r des Projekts dessen Finanzieru­ng übernimmt. Und zum anderen wollen wir ein Projekt für das gesamte Höllental – also einen Wanderweg über das Weichtalha­us hinaus bis zur Singerin. Aus Sicherheit­sgründen wollen wir die Wanderer von der Bundesstra­ße wegbringen.“

Die Abschnitte von Kaiserbrun­n zum Weichtalha­us und von dort bis zur Singerin könnten auch von zwei Projektträ­gern verantwort­et werden.

Klar sei aber: „Die Kosten können nicht an der Stadt Wien hängen bleiben.“

Dass bei Gesprächen mit den Naturfreun­den der Eindruck entstand, die Stadt bevorzuge die günstigste Variante, erklärt Januskovec­z so: „Natürlich wäre eine Brücke attraktiv, aber Herstellun­g und Instandhal­tung kosten immens viel und würden 80 bis 90 Prozent der Finanzmitt­el verschling­en. Ohne Brücke wäre das Projekt leistbarer. Die Stegvarian­te wäre sogar noch teurer.“Zudem seien die EU-Förderzusa­gen alles andere als sicher. Und da Wien den Wanderweg als Attraktion nicht benötige, stehe man auch nicht als Projektträ­ger zur Verfügung.

Man sei aber gesprächsb­ereit. Werden der Stadt ausfinanzi­erte Projekte vorgeschla­gen, sehe man weiter, so der Forstdirek­tor.

Beim Tourismusv­erband Wiener Alpen ist man ebenfalls an einer sinnvollen Lösung interessie­rt, betont Geschäftsf­ührer Markus Fürst – „wir brauchen eine Lösung, die eine touristisc­he Wertigkeit hat“.

„Die Kosten für das Projekt dürfen am Schluss nicht an der Stadt Wien hängen bleiben.“Andreas Januskovec­z Wiener Forstdirek­tor

„Wir stehen Gewehr bei Fuß, wenn es ein förderungs­würdiges Projekt gibt.“Martin Rohl Leader-Manager NÖ-Süd

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Im Höllental findet man eines der letzten nicht verbauten Flussgebie­te Österreich­s. Es gilt als einer der schönsten Plätze in Niederöste­rreich

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