Kurier

Jung, selbststän­dig, in Watte gepackt: Was die Regierung für Gründer plant

Junguntern­ehmen. Türkis-Grün greift Start-ups kräftig unter die Arme, senkt die Kapitalhür­den und verteilt Steuerzuck­erl.

- VON ANITA STAUDACHER

Wer in Österreich den Weg in die Selbststän­digkeit plant, sieht rosigen Zeiten entgegen. Junguntern­ehmer werden von der neuen Regierung regelrecht in Watte gepackt, zeigt ein Blick ins Regierungs­programm von Türkis-Grün. Darin findet sich die Wunschlist­e der Jungen Wirtschaft und der heimischen Start-up-Szene fast vollinhalt­lich übernommen.

Entspreche­nd groß ist die Freude in der Jungen Wirtschaft, der Junguntern­ehmer-Lobby der Wirtschaft­skammer. „Das Regierungs­programm ist ein Turbo für den Optimismus der jungen Selbststän­digen“, frohlockt Vorsitzend­e Christiane Holzinger, die 120.000 junge Unternehme­n vertritt. Der KURIER nahm die wichtigste­n Vorhaben unter die Lupe:

Gründung light

Um die Gründungsd­ynamik anzukurbel­n, sollen die Hürden für Kapitalges­ellschafte­n weiter fallen. Geplant ist ein Comeback der „GmbH light“. Für die Gründung einer GmbH soll ein Mindeststa­mmkapital von 10.000 Euro statt bisher 35.000 Euro ausreichen. Für innovative Start-ups im internatio­nalen Wettbewerb soll überhaupt eine neue Gesellscha­ftsform („EU Limited“) kommen. Ziel ist eine „unbürokrat­ische Gründung“mit

! digitalen Behördenwe­gen, Englisch als Amtssprach­e und Stammkapit­al-Ansparmode­llen“. Hintergrun­d sind zunehmend grenzübers­chreitende Gründungen.

Wer ist selbststän­dig? Bei der schwierige­n Abgrenzung zwischen Selbststän­digkeit und Anstellung soll es mehr Rechtssich­erheit geben. Geplant ist ein einheitlic­her Dienstnehm­erbegriff im Sozialvers­icherungsu­nd Steuerrech­t sowie mehr Entscheidu­ngsfreihei­t der Betroffene­n durch ein „Recht auf Selbststän­digkeit“. Eher in Richtung Arbeitnehm­er geht es hingegen bei der sozialen Absicherun­g. Hier sind Verbesseru­ngen, insbesonde­re in der Startphase der Selbststän­digen, geplant.

!

Kontroll-„Schonfrist“Bei Betriebsüb­ergaben soll eine zweijährig­e „grace period“(zu Deutsch: Über

! gangsfrist) eingeführt werden, in der Unternehme­n vor Betriebspr­üfungen geschützt werden sollen. Die Junge Wirtschaft hält eine solche Schonfrist für gerechtfer­tigt, damit die Übernehmer Umund Nachrüstun­gen im übernommen­en Betrieb vornehmen können. Weiters sollen neue Technologi­en und Geschäftsm­odelle im unregulier­ten Umfeld erprobt werden können (Regulary Sandboxes).

Heimarbeit­splatz

Da in Zeiten zunehmende­r Digitalisi­erung Beruf und Privatlebe­n immer mehr verschmelz­en, soll der Arbeitspla­tz zu Hause leichter steuerlich absetzbar werden. Die derzeit dafür nötigen Voraussetz­ungen „Mittelpunk­t der Erwerbstät­igkeit“und „ausschließ­liche berufliche Nutzung“sollen fallen und eine Pauschalie­rung angestrebt werden. Holzinger

! rechnet mit einer raschen Umsetzung: „Eine einfache Verordnung reicht aus.“

Mehr Risikokapi­tal Gleich ein ganzes Maßnahmenb­ündel soll mehr privates Risikokapi­tal aus dem In- und Ausland in die heimische

!

Vorsitzend­e Junge Wirtschaft Start-up-Szene spülen. Erreicht werden soll das mit De-Regulierun­g etwa bei der Prospektpf­licht sowie steuerlich­en Anreizen. So sollen Anschub- und Wachstumsf­inanzierun­gen für innovative Start-ups bis zu 100.000 Euro steuerlich absetzbar sein. Weiters sollen auch Pensions- und Vorsorgeka­ssen in Start-ups und KMU investiere­n können. „Wichtig ist, dass das Kapital im Land bleibt“, meint Holzinger. Sie hofft nun auf eine rasche Umsetzung der Maßnahmen.

Gemäß des aktuellen Konjunktur­barometers der Jungen Wirtschaft braucht es derzeit gar keine größere Anschubhil­fe. Die Stimmung ist gut, immerhin 39 Prozent der 1.080 befragten Junguntern­ehmen erwarten heuer eine bessere Ertragslag­e, nur 17 Prozent eine Verschlech­terung. Auch die Investitio­nsbereitsc­haft ist weiter auf einem hohen Niveau.

Batteriehe­rsteller Varta baut 220 Stellen ab

Der deutsche Batteriehe­rsteller Varta streicht in der vor kurzem von Energizer zurückgeka­uften Verbrauche­rSparte bis Ende des Jahres 220 Stellen. Das sei die Folge der Konzentrat­ion auf das Haushaltsb­atterien-Geschäft, die mit der Aufgabe von Dienstleis­tungen, etwa für Hausgeräte, für den ehemaligen Eigner Spectrum Brands verbunden sei, erklärte Varta. Im Geschäft mit Lithium-Ionen-Batterien für kabellose Kopfhörer entstünden dagegen wegen der großen Nachfrage „in naher Zukunft“in Deutschlan­d mehrere hundert neue Arbeitsplä­tze, die „soweit möglich“mit den vom Stellenabb­au betroffene­n Mitarbeite­rn besetzt werden sollten. Die Aktie, die am Mittwoch einen Kurssturz von mehr als 20 Prozent erlitt, erholte sich gestern wieder.

Tesla ist mehr wert als GM und Ford zusammen

Tesla ist an der Börse erstmals mehr wert als die beiden größten US-Autobauer General Motors und Ford zusammen. Die Aktie des Elektroaut­o-Pioniers stieg am Mittwoch auf ein Rekordhoch. Der Kurs konnte sich in den vergangene­n drei Monaten mehr als verdoppeln. Damit erreichte der Konzern eine Marktkapit­alisierung von rund 89 Milliarden Dollar. Das sind zwei Milliarden mehr als GM und Ford zusammen, die auf einen Börsenwert von 50 bzw. 37 Mrd. Dollar kommen. Beim Absatz liegt Tesla allerdings weit hinter den beiden Rivalen zurück. Während GM und Ford im Vorjahr je mehr als zwei Mio. Fahrzeuge allein in die USA ausliefert­en, kommt Tesla weltweit lediglich auf 367.500 Autos. Angetriebe­n wird der Höhenflug der Aktie von einem überrasche­nden Gewinn im dritten Quartal, der Eröffnung einer neuen Fabrik in China und ermutigend­en Auslieferu­ngen im vierten Quartal.

„Das Regierungs­programm ist ein Turbo für den Optimismus der Selbststän­digen.“

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria