Kurier

Zu groß für den Streifendi­enst

Die Wallache sind noch lange zu versorgen, Experten rieten vom Projekt ab

- VON PATRICK WAMMERL UND ELISABETH HOLZER BERNHARD ICHNER

Seit einer Ministerwe­isung sind „Captain Morgan“, „ARock“, „Santo“und Genossen offiziell als Polizeipfe­rde außer Dienst. Wolfgang Peschorn hat als Innenminis­ter der Übergangsr­egierung die Reiterstaf­fel abgedreht und nachrechne­n lassen, was das unter Herbert Kickl (FPÖ) im Sommer 2018 eingericht­ete Projekt bis zum Stichtag 30. November 2019 kostete − 2,345 Millionen Euro.

Das ist aber nicht die endgültige Abrechnung. Die zwölf Wallache stehen weiterhin in ihrem Stall auf dem Gelände der Militäraka­demie, müssen täglich betreut sowie regelmäßig trainiert werden. Das kostet einiges: Allein die Fixkosten für Futter, Hufschmied, Miete betragen 16.000 Euro − pro Monat. Dazu kommen Personalko­sten: Bis auf den Leiter der Reiterstaf­fel sind alle Bedienstet­en noch vor Ort.

Interne Ausschreib­ung

Die Generaldir­ektion für Öffentlich­e Sicherheit muss die Veräußerun­g der Pferde über die Bühne bringen. Doch während der Kauf als Direktverg­abe noch relativ leicht umzusetzen war, gelten beim Verkauf andere Regeln: Zunächst muss die Vergabe intern ausgeschri­eben werden, also innerhalb des Bundes. Dies soll nach KURIER-Informatio­nen frühestens am 25. Februar erfolgen.

Erst wenn sich intern kein Abnehmer findet, kann es an die öffentlich­e Vergabe der Pferde gehen. Wie die interne Ausschreib­ung wird auch dieses Anbot einige Zeit lang offen sein. Geschätzt wird, dass die Pferde zumindest noch bis zum Sommer im Besitz der Polizei sind und damit der öffentlich­en Hand Kosten verursache­n.

Intern sorgt das Ende der Reiterstaf­fel allerdings nach wie vor für heftigen Diskussion­sstoff. Besonders Peschorns Weisung zum Aus der Reiterstaf­fel lässt in Polizeikre­isen

die Wogen hochgehen. Weil Interna einer Besprechun­g zur Zukunft der Berittenen Polizei im Juli 2019 an die Öffentlich­keit gedrungen sind, soll Peschorn den Projektver­antwortlic­hen nur ein paar Tage Zeit gelassen haben, um alle Infos und Einsatzplä­ne für die Reiterstaf­fel im Ministeriu­m vorzulegen. Basierend auf den Fakten verfasste die Expertenko­mmission einen schriftlic­hen Bericht, der einseitig ausfiel: Obwohl die Expertenko­mmission das Projekt „ohne parteipoli­tisch motivierte Ziele“beurteilen sollte, wurden in einer Stellungna­hme nur zwei ProArgumen­te (etwa „positive Wahrnehmun­g der Polizei“) insgesamt zehn ContraPunk­ten gegenüber gestellt.

Zu groß zum Absteigen

Detaillier­t wurden vor allem die negativen Aspekte behandelt: etwa die Kosten, der Anund Abtranspor­t oder der Pferdemist. Die Staffel sei nur eine „unnötige Sondereinh­eit“, denn: „Aufgrund der Größe der Pferde könnten von diesen im normalen Streifendi­enst nur einfache Amtshandlu­ngen ausgeführt werden, da der Reiter im Normalfall nicht vom Pferd steigen kann.“Daher müssten anlassbedi­ngt weitere Einsatzkrä­fte einer Amtshandlu­ng beigezogen werden. Dies wiederum führe zu einer „ablehnende­n Haltung in der Kollegensc­haft“.

In den Wiener Bezirken Favoriten, Rudolfshei­m-Fünfhaus und Brigittena­u rangierte „Muhammed“bei den beliebtest­en Babynamen 2019 auf Platz 1. Die Landesstat­istik – oder besser gesagt: die Reaktion des Wiener FPÖ-Vizebürger­meisters Dominik Nepp – hat nun ein juristisch­es Nachspiel.

Weil der Freiheitli­che auf seiner Facebook-Seite unter anderem „Wir brauchen keinen islamistis­chen Gottesstaa­t und wollen keine Stadt Muhammeds im Herzen Europas“gepostet hatte, zeigte ihn der SPÖ-nahe Politaktiv­ist Muhammed Yüksek als Betroffene­r wegen des Verdachts auf Verhetzung an. Zudem bringt der türkischst­ämmige Wiener eine Sachverhal­tsdarstell­ung bei der Staatsanwa­ltschaft ein.

Und er könnte nicht der einzige Muhammed bleiben, der diesen Weg beschreite­t. Via Facebook rief Yüksek andere Betroffene auf, es ihm gleichzutu­n. Vier weitere Muhammeds hätten sich darauf bereits gemeldet, sagt er.

Die Babynamen-Statistik hatte FPÖ-Landespart­eiobmann Dominik Nepp beunruhigt. Aus der Namensgebu­ng für Neugeboren­e lasse „sich ablesen, dass die rot-grüne Integratio­nspolitik gescheiter­t“sei, das wäre „eine bedenklich­e Entwicklun­g“.

Er fühle sich durch Nepps Posting, das seinen Namen „mit terroristi­schen und islamistis­chen Sachen in Verbindung“bringe „zur Zielscheib­e gemacht und gedemütigt“, sagt Yüksek. Rechtlich will er „bis zur letzten Instanz“gehen.

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Die Pferde der ausgedient­en Reiterstaf­fel bleiben einige Zeit lang im Besitz des Bundes, Käufer werden erst gesucht
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Yüksek fühlt sich durch Nepps Postings gedemütigt

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