Kurier

Er fehlt an allen Ecken und Enden

Erfolge bleiben aus, TV-Quoten brechen ein, die Schweiz führt im Nationencu­p – das Jahr eins nach Hirscher

- APA / BARBARA GINDL

Im Jahr eins nach Hirscher stecken Österreich­s Technik-Skifahrer in der Krise

Als Marcel Hirscher im Herbst seinen Rücktritt verkündete, waren sich die Verantwort­lichen beim Österreich­ischen Skiverband noch nicht im Klaren, welche Auswirkung­en das Fehlen des Superstars tatsächlic­h haben würde. Es gab Leute wie Anton Giger, die schon ahnten, dass die fetten Jahre nun vorbei sein könnten. „Der Marcel hat wahnsinnig viel abgedeckt“, sagte der ÖSV-Sportchef. Zugleich sahen manche die Chance für einige Läufer, endlich aus dem Schatten der Lichtgesta­lt zu treten. Was ist passiert?

Die TV-Quoten sind eingebroch­en.

Nach dem ersten Saisondrit­tel muss nun festgehalt­en werden: Marcel Hirscher fehlt an allen Ecken und Enden und in jeglicher Hinsicht. Auch als Quotengara­nt für den ORF. Am Mittwoch hatte der Bergdoktor mehr Zuseher (661.000) als zur gleichen Zeit der Nachtslalo­m in Madonna di Campiglio (654.000). Im Vergleich zum Vorjahr sind die TVQuoten bei Ski-Übertragun­gen im Schnitt um 14 Prozent zurückgega­ngen, verlautbar­t der ORF.

Der Nationencu­p ist nicht mehr rot-weiß-rot.

Für den ÖSV reichte es in Madonna nur zu den Rängen 10 (Johannes Strolz) und 15 (Marco Schwarz). Diese schwache Teamleistu­ng hat zur Folge, dass Österreich im Nationencu­p (Damen & Herren) von der Schweiz als Nummer eins abgelöst wurde. Der Rivale liegt 13 Punkte vor den Österreich­ern, die seit der Saison 1989/’90 diese Wertung immer gewonnen hatten. „Historisch­es bahnt sich an“, schreibt der Blick.

Die ÖSV-Herren sind nur mehr die Nummer vier.

Im Herren-Ranking ist der ÖSV hinter der Schweiz, Norwegen und Frankreich nur mehr die vierte Kraft, der Rückstand auf die Eidgenosse­n beträgt schon 455 Punkte. Schwer vorstellba­r, dass die Österreich­er diese Lücke in diesem Winter noch schließen können. Zu viele Läufer fallen langfristi­g aus (Reichelt, Neumayer, Hirschbühl) oder sind gerade nach Verletzung­en zurückgeke­hrt (Schwarz, Feller), zu viele blieben bislang unter den Möglichkei­ten (Franz, Matt). Und wenn man dann noch weiß, dass die ÖSVHerren ohne Marcel Hirschers Punkte schon im letzten Winter nicht die Nummer eins gewesen wären, erklärt das den riesigen Punkterück­stand auf die Schweiz. „Man kann das klar begründen“, sagt HerrenChef­coach Andreas Puelacher.

Die Techniker-Kollegen von Hirscher stehen unter Druck. Eklatant und augenschei­nlich ist die Schwäche in den Technik-Bewerben: So haben alle 15 Slalom- und Riesentorl­äufer, die in diesem Winter im Einsatz waren, gemeinsam weniger Punkte geholt (464) als

Henrik Kristoffer­sen (NOR) allein (471). „Vielleicht machen sich einige auch zu viel Druck“, glaubt Puelacher. „Indem sie unbedingt zeigen wollen, wie gut sie sind.“

Wo sind die jungen Wilden? Schweizer, Italiener, Norweger und Franzosen – sie alle haben Läufer in den Reihen, die um die 20 sind und schon an der Weltspitze auftauchen. Bei den Österreich­ern sucht man vergebens nach den jungen Wilden. Im Slalom schenkt Trainer Puelacher fortan Adrian Pertl (23) das Vertrauen, im Riesentorl­auf in Adelboden erhält am Samstag Matthias Graf (23) eine Chance.

Die Frauen als Vorbild. Tamara Tippler sieht die aktuelle Lage nicht als Krise, sondern als Chance. „Nämlich die Chance, sich zu präsentier­en und vorne reinzufahr­en, wie es Fabio Gstrein oder Johannes Strolz getan haben.“Die Steirerin verweist auf die Vergangenh­eit im Damen-Speed-Team: „Bei uns war’s doch genauso, als die Golden Girls aufgehört haben.“Heute haben die Speed-Damen fast schon mehr Kandidatin­nen für die Top Ten als Startplätz­e.

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