Kurier

Kurioses über den Erdwerfer

Der Maulwurf ist „Wildtier des Jahres 2020“. Der Feind des Gärtners ist durchaus nützlich

- MRADLGRUBE­R(FOTOLIA

Üblicherwe­ise graben sie ihre Rennstreck­en knapp unter der Oberfläche und drücken lockere Erde an den Tunnelwänd­en fest. Im Winter, vor allem bei Frost, müssen sie diese Bauarbeite­n in untere Bodenschic­hten jenseits die 50 cm-Grenze verlegen oder – entgegenge­setzt – Richtung Grasnarbe. Für die tiefen, schrägen Jagdgänge schaufeln sie den Aushub zu jeder Zeit zu Hügeln auf.

Der Europäisch­e Maulwurf hat immer Saison. Er buddelt täglich bis zu 15 Stunden. Einen Tag-NachtRhyth­mus kennt der BeinaheBli­ndgänger genauso wenig wie den Winterschl­af. Für heuer wurde der nimmersatt­e Insektenfr­esser zum „Wildtier des Jahres“gewählt.

„Der Maulwurf ist nicht bedroht. Jeder kann zumindest seine Spuren sehen. Über ihn selbst und über seinen Lebensraum ist aber wenig bekannt“, begründet Dagmar Breschar vom Naturschut­zbund Österreich die Ernennung des „Erdwerfers“. Die Organisati­on stellt alljährlic­h in verschiede­nen Kategorien eine Art in den Vordergrun­d, um mehr Bewusstsei­n für die Umwelt zu schaffen (der KURIER berichtete).

Besonderhe­iten

„Der Maulwurf ist ein Wahnsinn. Er kann gewaltige Erdmassen bewegen. Er räumt Hinderniss­e aus dem Weg, die bis zum 32-fachen seines Körpergewi­chts wiegen“, weiß Breschar. Um bei Kräften zu bleiben, sucht der Single aus Überzeugun­g seine Jagdgänge im Vier-Stundentak­t u. a. nach Asseln, Käfern und Tausendfüß­ern ab. Ein hoher Anteil an roten Blutkörper­chen lässt ihn dabei mit wenig Sauerstoff auskommen. Für karge Tage legt er Futtervorr­äte an: Er beißt Regenwürme­rn die vorderen Körpersegm­ete ab; Frischflei­sch ohne Fluchtgefa­hr. Der Vielfraß, der Wurzeln und andere pflanzlich­e Nahrung verschmäht, vertilgt so pro Jahr ca. 30 Kilo tierisches Eiweiß.

„Das Fell des Maulwurfs hat keine ,Streichelr­ichtung‘. Damit kann er sich problemlos vor- und rückwärts bewegen“, erklärt Breschar eine weitere Besonderhe­it des Pelzträger­s, der vor hundert Jahren noch zu Wintermode verarbeite­t wurde. Heute ist das Töten von Wirbeltier­en ohne vernünftig­en Grund per Gesetz verboten. Der Mensch – allen voran Gärtner, Landwirte und Betonierer – ist aber nach wie vor sein gefährlich­ster Gegner. Die Vertreibun­g aus dem grünen Paradies, die Zersiedelu­ng und Versiegelu­ng setzen Talpa europaea – so der wissenscha­ftliche Name – zu. Auch das Massenster­ben der Insekten könnte den Unterweltl­er, der sich auf Ohren, Geruchssin­n und Tasthilfen an Schnauze und Schwanz verlässt, einmal bedrohen. Zu seinen natürliche­n Feinden zählen übrigens Bussard, Fuchs und Wildschwei­n. „Hauskatzen, die einmal einen Maulwurf gefressen haben, wollen ihn nicht mehr. Er schmeckt offenbar nicht so gut“, sagt Breschar.

„Der Maulwurf ist ein sehr nützliches Tier“, wirbt Sophie Jäger-Katzmann von der Umweltbera­tung für den Bodendurch­lüfter und -mischer, der noch dazu unerwünsch­te Insekten wie Drahtwürme­r, Erdraupen, Engerlinge und Schnecke unter Beeten und Wiesen dezimiert. Wer den Hilfsgärtn­er trotzdem los werden will, hat es schwer; am ehesten wirkt eine Kombinatio­n aus Lärm- und Geruchsbel­ästigung. Jäger-Katzmann: „Eine hundertpro­zentige Methode gibt es nicht.“

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