Kurier

Eintauchen in die russische Seele: Valery Gergiev und die Wiener Philharmon­iker

- PETER JAROLIN

Kritik. Es gibt Dirigenten, deren künstleris­ches Arbeitspen­sum kaum zu fassen ist. Valery Gergiev zählt zu ihnen. Denn es ist keineswegs selbstvers­tändlich, dass Gergiev neben einer Spielserie von Richard Wagners „Lohengrin“(Reprisen: 16. und 19. Jänner) an der Wiener Staatsoper auch noch in den Abonnement­konzerten der Wiener Philharmon­iker im Goldenen Saal des Musikverei­ns zu brillieren vermag.

Und zwar mit einem rein russischen Programm, das alle Tugenden des Orchesters ideal zur Geltung brachte. Peter Iljitsch Tschaikows­kys nur selten gespielte, aber hinreißend­e erste Symphonie in

G-Moll hatten Gergiev und die Wiener am Wochenende parat. Und diese „Winterträu­me“(so der Beiname der Symphonie) ließen das Publikum auch wirklich träumen.

Sehr sensibel, mit zartem und – wenn gefordert – auch dramatisch­em Pinselstri­ch zeichneten Dirigent und Orchester die von Tschaikows­ky intendiert­en Winter- und Nebellands­chaften. Herrlich austariert geriet da etwa das Adagio cantabile des zweiten Satzes; mit Zug zum Tor realisiert­en die Damen und Herren am Podium das mächtige Finale. Gergiev gewährte dabei tiefe, wundervoll­e Einblicke in die russische Seele. So geht Tschaikows­ky!

Nicht minder eindrucksv­oll nach der Pause die symphonisc­he Suite „Scheheraza­de“aus der Feder von Nikolai Rimskij-Korsakow. Wie Gergiev und die feinsinnig agierenden Wiener Philharmon­iker – nicht nur Konzertmei­sterin Albena Danailova verdient für ihre tollen Soli ein Sonderlob – diese melodische­n Erzählunge­n aus „Tausend und einer Nacht“realisiert­en, war beeindruck­end.

Kleinere Irritation­en hin oder her: Diese Interpreta­tion war betörend schön, tiefgründi­g, von großer Eleganz und packenden Effekten getragen. Das Publikum jubelte zurecht.

KURIER-Wertung: āāāāā

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