Kafka als geräuschvolles Rockkonzert: „In der Strafkolonie“
Kritik. Im Mittelpunkt von Franz Kafkas Erzählung „In der Strafkolonie“(entstanden 1914) steht eine komplizierte Hinrichtungsmaschine: Während sie den Verurteilten zwölf Stunden lang zu Tode martert, stanzt sie ihm den Wortlaut jenes Gesetzes, gegen das er verstoßen hat, unter die Haut.
Die Deutungen dieses Textes sind zahlreich – er sei eine Kritik an totalitären Systemen, eine metaphorische Darstellung des menschlichen Lebens selbst, eine sadomasochistische Fantasie... Bis heute kann man sich beim Lesen der grausamen Faszination nicht entziehen.
Der deutsche Schauspieler Sören Kneidl hat gemeinsam mit Michael Isenberg und Edwin Vanecek eine neue, stark gekürzte Fassung erstellt, die atmosphärisch an „Apokalypse Now“erinnert. Im Volx/Margareten, der zweiten Spielstätte des Volkstheaters, bringt Kneidl den Text gemeinsam mit dem Schlagzeuger Lukas Böck und dem Bassisten Robin Gadermaier als „Live-Hörspiel“auf die Bühne.
Loops
Kneidl arbeitet mit LoopingGeräten, mit Stimme, Körper und diversen Geräusch-Quellen (Flaschen, Blätter, ein quietschender Drehstuhl, eine Ziehharmonika...) erzeugt er Klang-Flächen und Dialoge mit sich selbst. Die Musiker spielen dazu virtuose Stücke irgendwo zwischen Jazz, Metal und Noise-Rock.
Der nur eine gute Stunde dauernde Abend erinnert gleichermaßen an eine Performance wie an ein Rockkonzert und ist bei aller Gruseligkeit sehr leicht konsumierbar, manchmal ist er sogar komisch.
Der neue Volkstheater-Direktor Kay Voges sollte sich gut überlegen, ob er wirklich auf das Volx verzichten will – oft gibt es hier die interessanteren Vorstellungen.
KURIER-Wertung: āāāάā