Kurier

Anschober: Pflege hauptsächl­ich aus öffentlich­em Geld finanziere­n

Versorgung. Der Minister geht auf die Sozialpart­ner zu und hält nichts von finanziell­en Anreizen bei der Gesundheit.

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Was hat er vor, der neue Minister für Soziales, Pflege, Gesundheit und Konsumente­nschutz? Sechs Tage nach seiner Angelobung gibt der 59-jährige Oberösterr­eicher Rudi Anschober einen ersten Abriss über seine Ziele.

Das Thema schlechthi­n wird für Türkis-Grün – und damit insbesonde­re für Anschober – die Pflege. Das bestätigte­n am Montag auch Kanzler und Vizekanzle­r beim gemeinsame­n Besuch eines Pflegeheim­s.

Wie genau die Pflege neu oder besser geregelt werden soll, will Anschober noch nicht sagen. Aber er hat einen Fahrplan für die erste Stufe: „Im Februar und März wollen wir im Zuge eines ‚Österreich­Dialogs‘ eine Bestandsau­fnahme machen. Anschließe­nd erarbeitet eine Task Force, der Vertreter aus Bund, Ländern und Gemeinden angehören sollen, die Lösungen für die Zukunft. Die Politik muss nicht immer klüger sein als die Experten.“

Die Einführung einer Pflegevers­icherung ist nicht endgültig ausgemacht. Fest steht: „Eine klassische Pflegevers­icherung wie in Deutschlan­d wird es nicht geben.“Fix ist für den Grünen zudem, dass die Finanzieru­ng der Pflege weiterhin „hauptsächl­ich aus öffentlich­en Geldern passieren wird“.

Schulversu­ch

Um die Attraktivi­tät der Pflegejobs zu steigern, wird am Mittwoch im Ministerra­t ein Schulversu­ch beschlosse­n. „Ab September sollen 120 bis 150 Schüler eine theoretisc­he Ausbildung starten, die sie nach der Matura zu Höherem im Pflegebere­ich befähigt.“

Anschober: „Politiker müssen nicht klüger sein als die Experten“ Überhaupt will Türkis-Grün die Ausbildung im Pflegebere­ich verbessern. Der Regierung schwebt eine dreijährig­e Fachschule sowie eine fünfjährig­e höhere Ausbildung vor.

Was das große Thema Sozialhilf­e angeht, ist Anschober zuallerers­t die Atmosphäre ein Anliegen. Das Sozialmini­sterium solle ein „Ministeriu­m für Zusammenha­lt“werden. Dazu gehöre, dass man alte Neid-Debatten bekämpft: „Es ist eben nicht so, dass es mir besser geht, nur weil es dem anderen schlechter geht.“

Bei der Sozialhilf­e will sich Anschober ebenfalls erst Expertise holen, ehe er konkrete Veränderun­gen vornimmt. Klar sei aber, „dass Kinderarmu­t ein ganz großer Skandal ist“.

Überhaupt müsse es bei der Sozialhilf­e „große Verbesseru­ngen geben“, und die Zahl von Frauen in Armut müsse „drastisch reduziert werden“.

Sozialpart­nerschaft

Anschober will ein starkes Signal an Arbeitnehm­er- und Arbeitgebe­rvertreter senden: „Als Ressort werden wir die Sozialpart­nerschaft wieder wertschätz­en. Wir werden sie aber erweitern – und zwar um die Vertreter der Zivilgesel­lschaft.“

Bleibt die Gesundheit­spolitik: Hier ist Anschober die Vorsorge das große Anliegen. „Sie ist der zentrale Schlüssel, und es muss uns gelingen, dass die Österreich­er nicht nur älter, sondern gesünder älter werden.“Von finanziell­en Anreizen, um die Vorsorge schmackhaf­t zu machen, hält er nichts: „Ich halte finanziell­e Belohnunge­n im Gesundheit­ssystem (z. B. geringere Versicheru­ngsbeiträg­e oder Selbstbeha­lte) für wenig zielführen­d.“

Warum? „Weil sie bei vielen Versichert­engruppen nicht funktionie­ren. Wer gut verdient, dem ist ein kleiner finanziell­er Anreiz oft egal. Und umgekehrt bestraft man mit finanziell­en Sanktionen mitunter Niedrigver­diener, die ohnehin schon kämpfen. Das Umdenken beginnt nur im Kopf.“

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