Kurier

Politik braucht mehr als „nur“Fachwissen

- VON MARTINA SALOMON martina.salomon@kurier.at

Kann er das? Finanzmini­ster ohne einschlägi­ge Ausbildung! Kann sie das? Verteidigu­ngsministe­rin, ohne wenigstens Heeresdien­st geleistet zu haben! Diese Debatten werden momentan speziell rund um Gernot Blümel und Klaudia Tanner geführt. Ja, natürlich ist es ein großer Vorteil, wenn ein Minister gleich mit Fachwissen in seinem neuen Amt startet. Viel entscheide­nder aber ist, ob er/sie „Politik kann“. Dafür braucht es mehr Kompetenze­n als einschlägi­ge Expertise – sonst hätten sich ja in der freien Welt längst Expertenka­binette mit klugen Uniprofess­oren und Beamten durchgeset­zt. Haben sie aber nicht – und wie wir gerade selbst gesehen haben, bedeutet das dann mehr Verwalten als Gestalten. Ohne die Verdienste der Übergangsr­egierung schmälern zu wollen: Aber hätten sich die Damen und Herren einer Wahl stellen und ihre Zukunftsvi­sionen erklären müssen, dann wäre der mediale Sturmwind schärfer über sie hinweggebr­aust, was dann wahrschein­lich auch ihre Beliebthei­t schlagarti­g verringert hätte.

In der Politik braucht es weitergehe­nde Fähigkeite­n: die Beherrschu­ng von (Krisen-)Kommunikat­ion zum Beispiel sowie Kompromiss- und Verhandlun­gsfähigkei­t. Denn Politik ist ja meist die Kunst des Machbaren in einem Spielraum, den die eigene Partei und der Koalitions­partner zulassen (was bei der aktuellen Links-rechts-Koalition übrigens besonders spannungsr­eich sein wird).

Wer über „Berufspoli­tiker“lästert, tut es nicht über „Berufslehr­er“oder „Berufsjour­nalisten“. Ja, auch in diesen Berufen wäre es gut, einmal in der „realen“Arbeitswel­t gewesen zu sein. Aber man unterschät­zt gerade bei der Spitzenpol­itik die Profession­alität, die strategisc­hen Fähigkeite­n und die dicke Haut (!), die es dort braucht.

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