Politik braucht mehr als „nur“Fachwissen
Kann er das? Finanzminister ohne einschlägige Ausbildung! Kann sie das? Verteidigungsministerin, ohne wenigstens Heeresdienst geleistet zu haben! Diese Debatten werden momentan speziell rund um Gernot Blümel und Klaudia Tanner geführt. Ja, natürlich ist es ein großer Vorteil, wenn ein Minister gleich mit Fachwissen in seinem neuen Amt startet. Viel entscheidender aber ist, ob er/sie „Politik kann“. Dafür braucht es mehr Kompetenzen als einschlägige Expertise – sonst hätten sich ja in der freien Welt längst Expertenkabinette mit klugen Uniprofessoren und Beamten durchgesetzt. Haben sie aber nicht – und wie wir gerade selbst gesehen haben, bedeutet das dann mehr Verwalten als Gestalten. Ohne die Verdienste der Übergangsregierung schmälern zu wollen: Aber hätten sich die Damen und Herren einer Wahl stellen und ihre Zukunftsvisionen erklären müssen, dann wäre der mediale Sturmwind schärfer über sie hinweggebraust, was dann wahrscheinlich auch ihre Beliebtheit schlagartig verringert hätte.
In der Politik braucht es weitergehende Fähigkeiten: die Beherrschung von (Krisen-)Kommunikation zum Beispiel sowie Kompromiss- und Verhandlungsfähigkeit. Denn Politik ist ja meist die Kunst des Machbaren in einem Spielraum, den die eigene Partei und der Koalitionspartner zulassen (was bei der aktuellen Links-rechts-Koalition übrigens besonders spannungsreich sein wird).
Wer über „Berufspolitiker“lästert, tut es nicht über „Berufslehrer“oder „Berufsjournalisten“. Ja, auch in diesen Berufen wäre es gut, einmal in der „realen“Arbeitswelt gewesen zu sein. Aber man unterschätzt gerade bei der Spitzenpolitik die Professionalität, die strategischen Fähigkeiten und die dicke Haut (!), die es dort braucht.