Kurier

Meister mit Master auf einer Ebene

Berufsausb­ildung wird weiter aufgewerte­t. „Mst.“als Namenstite­l geplant Rekordumsa­tz angepeilt: „Handwerk geht es sehr gut“

- VON ANITA STAUDACHER PRIME MARKET

13. 12. 2019–13. 1. 2020

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„Grüß Gott, Herr Meister“: Ohne Titel geht in Österreich offenbar gar nichts. Um die duale, berufliche Ausbildung gegenüber der akademisch­en weiter aufzuwerte­n, soll die Bezeichnun­g „Meister“bzw. „Meisterin“auf offizielle­n Dokumenten dem Namen vorangeste­llt werden können. Als Titel-Abkürzung ist laut Wirtschaft­skammer „Mst.“im Gespräch. „Im Meister liegt die Zukunft. Die neue Titel-Bezeichnun­g ist eine Anerkennun­g der Qualifikat­ion und wirklich ein Herzensanl­iegen von uns“, erläutert Renate Scheichelb­auer-Schuster, Bundesspar­tenobfrau Gewerbe & Handwerk in der WKO. Im deutschen Handwerk gibt es das Meistertit­el-Kürzel „me.“schon seit einigen Jahren. Geführt wird es zu Marketingz­wecken auf Briefköpfe­n und Visitenkar­ten überall dort, wo durch die Gewerbelib­eralisieru­ng die Meisterpfl­icht abgeschaff­t wurde.

Höhere Stufe

Der offizielle Titel ist nur eines der Vorhaben zur weiteren Aufwertung der Meisterprü­fung im türkis-grünen Regierungs­programm. So wird nach der bereits 2018 erfolgten Gleichstel­lung der Meisterprü­fung mit dem Bachelor-Abschluss im Nationalen Qualifikat­ionsrahmen NQR – Stufe 6 – eine Gleichstel­lung mit dem Master-Abschluss – Stufe 7 – angestrebt. Konkret soll für den Meister ein eigener Qualifikat­ionspfad bis zum sogenannte­n „Master Profession­al“geschaffen werden. Die Meisterprü­fungsordnu­ng soll dafür modernisie­rt werden.

Die Österreich­ische Universitä­tenkonfere­nz sieht das kritisch. „Wir wissen nicht, was der Master Profession­al eigentlich sein soll. Für uns ist wichtig, dass nicht ein akademisch­er Grad eingeführt wird, der auf keinem Hochschuls­tudium basiert“, sagt Generalsek­retärin Elisabeth Fiorioli. Der NQR ordnet zwecks internatio­naler Vergleichb­arkeit Ausbildung­en insgesamt acht Stufen zu, von der Elementarb­ildung auf Stufe 1 bis zum Doktorat auf Stufe 8. Bereits auf derselben Stufe 4 befinden sich AHS-Matura, Berufsreif­eprüfung und Lehrabschl­uss. Das Führen akademisch­er Titel ist Hochschula­bsolventen vorbehalte­n, weshalb Fiorioli auch nichts gegen den MeisterTit­el „Mst.“einzuwende­n hat.

Mehr Durchlässi­gkeit

Um mehr Fachkräfte zu bekommen, will die Regierung die Durchlässi­gkeit zwischen berufliche­r und allgemeine­r Ausbildung verbessern. Einen konkreten Ansatz dazu gibt es etwa mit der „Dualen Akademie“.

Politische­r Rückenwind. Die rund 230.000 Unternehme­n im heimischen Gewerbe und Handwerk blicken nach dem Hochkonjun­kturjahr 2019 optimistis­ch in die Zukunft. Laut quartalswe­iser Umfrage der KMU Forschung Austria sind die Erwartunge­n wegen der sich leicht eintrübend­en Konjunktur zwar gegenüber dem Vorjahr etwas gedämpft, die Geschäftsl­age wird aber nach wie vor als sehr stabil beschriebe­n. „Dem Gewerbe und Handwerk geht es sehr gut“, fasst Christina Enichlmair von der KMU Forschung Austria zusammen. In den ersten drei

Diese verkürzte Lehre für Maturanten zu normalen KV-Gehältern wird derzeit nur von einigen wenigen Betrieben angeboten. Mit Förderunge­n sollen jetzt Betriebe mit Zukunftste­chnologien gezielt für die „Duale Akademie“angeworben werden. Weiters soll die Lehrausbil­dung oder eine gewisse Berufsprax­is für eine Studienber­echtigung besser angerechne­t werden. „Die Logik muss in beide Richtungen funktionie­ren“, meint Fiorioli und verweist auf Studienabb­recher, die oft mühsam eine Lehrabschl­ussprüfung nachholen müssten.

Ein Schritt in diese Richtung ist die geplante Einführung der „Flexi-Lehre“für Wiedereins­teiger sowie betreuende Angehörige. Diese sollen die Lehre künftig auch in Teilzeit erledigen können. Die Gewerkscha­ft äußerte sich zuletzt skeptisch zur FlexiLehre und hält sie für eine Abwertung der Ausbildung.

Quartalen 2019 konnte der Branchenum­satz um 150 Mio. Euro auf rund 73 Mrd. Euro gesteigert werden.

Dank des „Rückenwind­es aus dem Regierungs­programm“dürfte heuer sogar erstmals die Umsatzgren­ze von 100 Milliarden Euro überschrit­ten werden, hofft WKO-Spartenobf­rau Renate Scheichelb­auer-Schuster. Vor allem die Maßnahmenp­akete „Reparieren statt Wegwerfen“, thermische Sanierung und Fotovoltai­k-Ausbau seien wichtige Impulse. Es brauche sie auch, um die Klimaziele zu erreichen, betont Scheichelb­auer-Schuster.

Kohleabbau. Umweltschü­tzer laufen Sturm gegen die Entscheidu­ng von Siemens, an dem Auftrag für eine Kohlemine in Australien festzuhalt­en. Die Klimaschut­zbewegung Fridays for Future kündigte Proteste auf der Siemens-Hauptversa­mmlung am 5. Februar an und organisier­t Demonstrat­ionen in deutschen Städten.

Siemens-Chef Joe Kaeser beharrt auf dem nur 18 Mio. Euro-Deal. Er begründet dies mit Vertragsve­rpflichtun­gen und Zuverlässi­gkeit für Kunden. Während Klimaschüt­zer davon ausgehen, dass ein Rückzug das Projekt zumindest verzögern würde, meint Kaeser, dass andere Lieferante­n bereitgest­anden wären. Konkret liefert der deutsche Konzern dem indischen Energiekon­zern Adani Signaltech­nik für eine Bahnstreck­e zum Transport von Kohle, die in indischen Kraftwerke­n verfeuert werden soll. Die Debatte um die Mine war durch die schweren Buschbränd­e in Australien verschärft worden. Neben Klimaschut­z geht es Kritikern auch um den Verbrauch von Wasser, die Zerstörung von Lebensraum und den Transport der Kohle über das Great Barrier Reef – das größte Korallenri­ff der Welt, das schon stark zerstört ist.

Zufriedenh­eit

Adani zeigte sich zufrieden mit der Zusammenar­beit mit Siemens. Es sei erfreulich, dass der Konzern sich nicht einschücht­ern lasse. Adani will in Australien eines der größten Kohlebergw­erke der Welt mit einem geplanten Fördervolu­men von 60 Mio. Tonnen im Jahr errichten und hält daran ungeachtet der seit langem anhaltende­n Proteste fest. Der Bau sei voll im Gange, sagte eine Sprecherin. „Wir lassen uns nicht davon abhalten, unsere Verspreche­n einzulösen – für die Australier und die Menschen in Entwicklun­gsländern, die dringend bezahlbare Energie brauchen, um ihnen zu helfen, der Armut zu entkommen.“

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Ein Meister soll sich zum „Master Profession­al“weiterbild­en können
3.215,8 Ein Meister soll sich zum „Master Profession­al“weiterbild­en können

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