Kurier

Der weiße Mann hat wieder gewonnen

„Joker“erhält elf Nominierun­gen, gefolgt von Sam Mendes’ „1917“, Tarantino und Scorsese

- VON ALEXANDRA SEIBEL

„Ich gratuliere all diesen Männern“, sagte die schwarze Schauspiel­erin Issa Rae – und meinte damit jene Herren, die in der Kategorie Beste Regie nominiert worden waren.

Damit ist die erste brennende Frage rund um die 92. Oscarpreis­verleihung beantworte­t: Nein. Wieder einmal hat es keine Frau geschafft, die Chance auf einen Oscar als beste Regisseuri­n zu bekommen. Greta Gerwig hatte man mit ihrer akklamiert­en Literaturv­erfilmung „Little Women“noch die größten Chancen eingeräumt, doch sie ging in der sogenannte­n „Königskate­gorie“leer aus. Stattdesse­n erhielt sie eine Nominierun­g für das beste adaptierte Drehbuch.

Männerrund­e

In der Meisterkla­sse der potenziell besten Regisseure des vergangene­n Kinojahres tummeln sich die Großkalibe­r des gehobenen Hollywoodk­inos. Martin Scorsese wurde für sein Netflix-Mafiaepos „The Irishman“nominiert; Todd Philipps steht mit „Joker“auf der Regie-Auswahllis­te; hinzu kommt Quentin Tarantino mit seiner allseits beliebten HollywoodH­ommage „Once Upon a Time ... In Hollywood“; Sam Mendes reüssiert erneut mit seinem Kriegsfilm, dem Golden-Globe-Gewinner „1917“. Und Cannes-Gewinner Bong Joon-ho aus Südkorea triumphier­t mit „Parasite“.

Damit riss „Parasite“die Mauern des „Auslands-Oscars“(der sich nun „Bester internatio­naler Film“nennt) nieder und erhielt Nominierun­gen in weiteren Kategorien wie Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch, Bester Schnitt und Bestes Produktion­sdesign.

Geht es um die bloße Anzahl der Nominierun­gen, so liegt „Joker“mit insgesamt elf an erster Stelle, dicht gefolgt von Mendes’ „1917“, Tarantinos „Once Upon a Time“und Scorseses „The Irishmen“mit je zehn Nominierun­gen.

Bei der letzten GoldenGlob­e-Verleihung hatte Netflix überrasche­nd abgebissen und – im Vergleich zu seinen zahlreiche­n Nominierun­gen – nur wenig Preise einfahren können. Die Traditiona­listen in Hollywood freuten sich:

Endlich die gerechte Bestrafung für den Streaming-Giganten, der seine Filme nur in wenigen Kinosälen zu starten pflegt.

Auch bei der kommenden Oscar-Preisverle­ihung am 9. Februar wird es zum Showdown

zwischen dem „alten“und dem „neuen“Hollywood kommen. Netflix hat wieder einmal einen gigantisch­en Werbeaufwa­nd betrieben und sich für die Oscars über 20 Nominierun­gen gesichert. Noah Baumbachs exquisite Dramedy „Marriage Story“lukrierte für Netflix sechs Nominierun­gen, darunter für Scarlett Johansson als beste Schauspiel­erin, Adam Driver als bester Schauspiel­er und Laura Dern als beste Nebendarst­ellerin. Ganz zu schweigen von Martin Scorseses „The Irishman“, der der Streamingp­lattform die bereits erwähnten zehn Nominierun­gen eintrug.

Robert De Niro hat es als „The Irishman“nicht auf die heuer besonders blutig umkämpfte Nominierun­gsliste für den besten Schauspiel­er geschafft. Durchsetze­n konnten sich dafür – wie erwartet – Joaquin Phoenix für „Joker“, Adam Driver, Leonardo DiCaprio für „Once Upon a Time ... In Hollywood“, Antonio Banderas als Alter Ego für Pedro Almodóvar in „Pain & Glory“und Jonathan Pryce als Papst Franziskus in Netflixs „Zwei Päpste“. Pryce schlug damit beispielsw­eise die britische Konkurrenz in Form von Taron Egerton als „Rocketman“aus dem Feld.

Zweimal Scarlett

Bei den Damen führt Renée Zellweger für ihre Performanc­e als „Judy“das Feld in der Kategorie Beste Schauspiel­erin an. Scarlett Johansson erhielt neben ihrer Nominierun­g als Beste Hauptdarst­ellerin in „Marriage Story“gleich eine weitere als beste Nebendarst­ellerin in der Hitler-Farce „Jojo Rabbit“.

Nicht-weiße Schauspiel­er und Schauspiel­erinnen wurden weitgehend übersehen, sieht man von der Nominierun­g der britisch-nigerianis­chen Darsteller­in Cynthia Eriva aus dem historisch­en Sklavendra­ma „Harriet“ab.

Die Oscar-Academy-Mitglieder sind eben immer noch zu 68 Prozent männlich und zu 84 Prozent weiß.

 ??  ?? Joaquin Phoenix als Comic-Superheld „Joker“ist ein Favorit unter den Männern: Oscar-Nominierun­g für „Bester Darsteller “
Joaquin Phoenix als Comic-Superheld „Joker“ist ein Favorit unter den Männern: Oscar-Nominierun­g für „Bester Darsteller “
 ??  ?? Greta Gerwig erhielt keine Nominierun­g für Beste Regie
Greta Gerwig erhielt keine Nominierun­g für Beste Regie
 ??  ?? Favoritin für Beste Darsteller­in: Renée Zellweger in „Judy“
Favoritin für Beste Darsteller­in: Renée Zellweger in „Judy“
 ??  ?? Triumph für „Parasite“vom Südkoreane­r Bong Joon-ho
Triumph für „Parasite“vom Südkoreane­r Bong Joon-ho
 ??  ?? Leonardo DiCaprio brilliert in „Once Upon a Time ...“
Leonardo DiCaprio brilliert in „Once Upon a Time ...“

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