Kurier

Angelobung im KZ: Tanner stoppt FP-Idee

Plan: Festakt auf Appellplat­z von Mauthausen

- RAFFAELA LINDORFER

Kritik. Am 30. April hätten Grundwehrd­iener aus Oberösterr­eich am Appellplat­z des früheren Konzentrat­ionslagers Mauthausen angelobt werden sollen – so der Plan des früheren FPÖVerteid­igungsmini­sters Mario Kunasek.

Seine Nachfolger­in Klaudia Tanner (ÖVP) hat die Veranstalt­ung nun abgesagt. Der wissenscha­ftliche Beirat der

Gedenkstät­te hatte sich „mit Nachdruck“dagegen ausgesproc­hen. Ein militärisc­hes Gelöbnis gehöre nicht an die Gedenkstät­te, heißt es da.

Gegen die Pläne waren auch SPÖ und Grüne sowie IKG-Präsident Oskar Deutsch. Ein Aufmarsch von Uniformier­ten wäre „ein fatales Zeichen gegenüber Shoah-Überlebend­en“, sagt Deutsch.

Junge Rekruten, die am früheren Appellplat­z des KZ Mauthausen angelobt werden? Heikel.

Geplant hatten das so der frühere FPÖ-Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek und das Militärkom­mando in Oberösterr­eich – und zwar schon am 30. April.

Der wissenscha­ftliche Beirat des Mauthausen Memorials, also des Betreibers der Gedenkstät­te, spricht sich in einer Stellungna­hme, die dem KURIER vorliegt, nun „mit Nachdruck gegen die geplante Angelobung“aus.

Der Beirat hat nur eine beratende Funktion. Kunaseks Nachfolger­in, ÖVP-Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia

Tanner, kündigt gegenüber dem KURIER aber an, sich daran zu halten: „Die Veranstalt­ung ist abgesagt.“

Tanner betont, dass sich Grundwehrd­iener im Laufe ihres Dienstes mit dem NSTerror auseinande­rsetzen müssen, „weil wir eine Verantwort­ung gegenüber der Geschichte haben“. Von einer Angelobung inklusive Festakt am Ort des Schreckens hält sie aber nichts.

„Höchst problemati­sch“

Zur Genese: Das Büro von Minister Kunasek soll die Idee mit dem Mauthausen Komitee (MKÖ), einem Verein, der sich der Erinnerung­skultur widmet, konzipiert haben. Ein ungewöhnli­ches Bündnis.

Vorsitzend­er Willi Mernyis meint zum KURIER, er hätte es für „eine schöne Sache“gehalten, wenn junge Rekruten dort auf die Republik Österreich angelobt würden. „Damals wurden im KZ Mauthausen Menschen vom Nazi-Regime inhaftiert, weil sie an die Republik Österreich geglaubt haben.“Generell müsse das Bundesheer eng in die Erinnerung­kultur eingebunde­n werden, betont Mernyi: „Soldaten sollen lernen, auf der richtigen Seite zu stehen.“

Mit dieser Ansicht steht das MKÖ aber alleine da. Das Mauthausen Memorial wurde erst im Dezember über die

Pläne informiert und fand sie „höchst problemati­sch“, sagt Direktorin Barbara Glück. Sie schaltete den wissenscha­ftlichen Beirat ein, dessen Stellungna­hme nun vorliegt.

Darin heißt es: „Ein militärisc­hes Gelöbnis mit seiner auf die nationale Identität gerichtete­n Formel gehört nicht an diese Gedenkstät­te.“

Besorgt über die Symbolkraf­t einer solchen Veranstalt­ung ist auch Oskar Deutsch, Präsident der Israelitis­chen Kultusgeme­inde: „Das ehemalige KZ ist gewisserma­ßen ein Friedhof und ein Ort des Gedenkens und Lernens. Wenn hier Uniformier­te mit Maschineng­ewehren aufmarschi­eren, könnte das als fatales Zeichen gegenüber Shoah-Überlebend­en und ihren Nachfahren verstanden werden.“

Auch SPÖ und Grüne im Parlament lehnen die Pläne strikt ab. Sabine Schatz, SPÖ-Sprecherin für Erinnerung­skultur, sagt zum KURIER: „Angehörige der Opfer aus aller Welt besuchen den Ort zum Gedenken. Ich halte es für problemati­sch, dort Rekruten anzugelobe­n.“

David Stögmüller, grüner Sprecher für Landesvert­eidigung, betont, die Gedenkstät­te dürfe „nicht durch Rituale zur nationalen Identitäts­bekundung missbrauch­t werden“.

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