Neun Schläge verletzten die Menschenrechte
Wien. Bei Festnahme eines Demonstranten schoss Polizei deutlich übers Ziel hinaus: Einsatz war demütigend.
Jetzt hat es die Wiener Polizei zum dritten Mal Schwarz auf Weiß: Der Polizeieinsatz rund um die Klimademo am 31. Mai des Vorjahres in Wien verlief alles andere als optimal. Zum dritten Mal kamen die Richter des Landesverwaltungsgerichts Wien zu dem Urteil: Die Polizei handelte zum Teil rechtswidrig.
„In die Nieren!“
Und wieder ging es um einen Fall, der durch private Handyvideos publik geworden war: Ein Teilnehmer der Sitzblockade vor der Urania wird von mehreren Polizisten umringt. Er liegt mit dem Bauch auf dem Boden, seine Hände befinden sich unter dem Körper. Zwei Beamte knien auf ihm. Ein Polizist schlägt auf ihn ein. Auf dem Video ist zu hören, wie jemand schreit: „In die Nieren!“
Zwei Mal, so gaben mehrere Polizisten an, sei auf den Mann eingeschlagen worden, um die „Körperspannung des Mannes zu lösen“und seine Hände greifen zu können. Ein Schlag sei leicht gewesen, der zweite etwas härter.
Neun Schläge zählte die Richterin und nannte den Umstand eine „exzessive Gewaltanwendung.“„Es wurde auch ganz klar festgestellt, dass hier eine Menschenrechtsverletzung passiert ist“, sagt Rechtsanwältin Alexia Stuefer, die den Demonstranten vertritt. Die Amtshandlung sei erniedrigend gewesen.
Ein Amtsarzt stellte fest, dass der Mann zahlreiche Blutergüsse und Kratzer erlitten hatte.
Die Richterin hielt sogar fest, dass die Verhaltensweise der Polizisten den Eindruck der Voreingenommenheit erwecken könne. Es entstehe das Erscheinungsbild einer Diskriminierung aufgrund der politischen Auffassung des Demonstranten – nämlich der Notwendigkeit des Klimaschutzes.
„Was nach solchen Amtshandlungen übrig bleibt, sind traumatisierte Leute. So etwas schadet dem Rechtsstaat massiv“, sagt Stuefer. Und es zeige ein strukturelles Problem der Polizei. Die Juristin hält es für dringend notwendig, dass eine externe Behörde derartige Vorfälle prüft.
Genau so eine Behörde ist laut Regierungsprogramm auch in Planung – was der ehemalige FPÖ-Innenminister Herbert Kickl scharf kritisiert.
Polizei räumt Fehler ein
Die Wiener Polizei räumt bei der Klimademo Verfehlungen ein. „Diese Boxerei war nicht gerechtfertigt“, sagt Manfred Reinthaler, Leiter der Pressestelle. „Wir werden das sehr wohl künftig in die Einsatzplanung und Ausbildung einfließen lassen.“
Auch zwei weitere Amtshandlungen im Zuge der Klimademo waren als rechtswidrig eingestuft worden – unter anderem jene gegen den Demobeobachter Anselm Schindler, der plötzlich mit dem Kopf unter einem anfahrenden Polizeibus lag.