Kurier

Neun Schläge verletzten die Menschenre­chte

Wien. Bei Festnahme eines Demonstran­ten schoss Polizei deutlich übers Ziel hinaus: Einsatz war demütigend.

- VON MICHAELA REIBENWEIN

Jetzt hat es die Wiener Polizei zum dritten Mal Schwarz auf Weiß: Der Polizeiein­satz rund um die Klimademo am 31. Mai des Vorjahres in Wien verlief alles andere als optimal. Zum dritten Mal kamen die Richter des Landesverw­altungsger­ichts Wien zu dem Urteil: Die Polizei handelte zum Teil rechtswidr­ig.

„In die Nieren!“

Und wieder ging es um einen Fall, der durch private Handyvideo­s publik geworden war: Ein Teilnehmer der Sitzblocka­de vor der Urania wird von mehreren Polizisten umringt. Er liegt mit dem Bauch auf dem Boden, seine Hände befinden sich unter dem Körper. Zwei Beamte knien auf ihm. Ein Polizist schlägt auf ihn ein. Auf dem Video ist zu hören, wie jemand schreit: „In die Nieren!“

Zwei Mal, so gaben mehrere Polizisten an, sei auf den Mann eingeschla­gen worden, um die „Körperspan­nung des Mannes zu lösen“und seine Hände greifen zu können. Ein Schlag sei leicht gewesen, der zweite etwas härter.

Neun Schläge zählte die Richterin und nannte den Umstand eine „exzessive Gewaltanwe­ndung.“„Es wurde auch ganz klar festgestel­lt, dass hier eine Menschenre­chtsverlet­zung passiert ist“, sagt Rechtsanwä­ltin Alexia Stuefer, die den Demonstran­ten vertritt. Die Amtshandlu­ng sei erniedrige­nd gewesen.

Ein Amtsarzt stellte fest, dass der Mann zahlreiche Blutergüss­e und Kratzer erlitten hatte.

Die Richterin hielt sogar fest, dass die Verhaltens­weise der Polizisten den Eindruck der Voreingeno­mmenheit erwecken könne. Es entstehe das Erscheinun­gsbild einer Diskrimini­erung aufgrund der politische­n Auffassung des Demonstran­ten – nämlich der Notwendigk­eit des Klimaschut­zes.

„Was nach solchen Amtshandlu­ngen übrig bleibt, sind traumatisi­erte Leute. So etwas schadet dem Rechtsstaa­t massiv“, sagt Stuefer. Und es zeige ein strukturel­les Problem der Polizei. Die Juristin hält es für dringend notwendig, dass eine externe Behörde derartige Vorfälle prüft.

Genau so eine Behörde ist laut Regierungs­programm auch in Planung – was der ehemalige FPÖ-Innenminis­ter Herbert Kickl scharf kritisiert.

Polizei räumt Fehler ein

Die Wiener Polizei räumt bei der Klimademo Verfehlung­en ein. „Diese Boxerei war nicht gerechtfer­tigt“, sagt Manfred Reinthaler, Leiter der Pressestel­le. „Wir werden das sehr wohl künftig in die Einsatzpla­nung und Ausbildung einfließen lassen.“

Auch zwei weitere Amtshandlu­ngen im Zuge der Klimademo waren als rechtswidr­ig eingestuft worden – unter anderem jene gegen den Demobeobac­hter Anselm Schindler, der plötzlich mit dem Kopf unter einem anfahrende­n Polizeibus lag.

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Zwei Polizisten knieten auf dem Klimademon­stranten, einer boxte mehrere Male auf den Mann ein

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