König der Unterwelt
Thomas Frank. In der Dramatisierung von David Schalkos „Schwere Knochen“spielt der Publikumsliebling einen Lackel von Verbrecher.
Für den Nestroy-Publikumspreis 2019 waren die großen Namen nominiert, darunter die Burgtheater-Stars Peter Simonischek, Birgit Minichmayr, Tobias Moretti und der karenzierte Johannes Krisch. Besonders ins Zeug warf sich die Burg für Caroline Peters: In einem Newsletter wurden die Abonnenten animiert, ihr die Stimme zu schenken.
Gewonnen hat jedoch Thomas Frank, Ensemblemitglied des Wiener Volkstheaters. Obwohl er, 1980 in Gmünd geboren, ein echter Vielarbeiter, ja ein Hackler ist: Dass gerade er die Wahl gewann, kam doch ein wenig überraschend. Die Familie daheim im Waldviertel und die Freunde: Die hätten eifrig für ihn votiert, erzählt er. Und er grinst breit. Welche Rolle ausschlaggebend gewesen wäre für seine Popularität? Etwa der schlurfige Justizwachebeamte, den er in den „Vorstadtweibern“spielte? Oder der neugierige Prolo-Familienvater in „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“von David Schalko? Schon jene in „M“, sagt Frank. Die dreiteilige Miniserie, vom ORF im Februar 2019 ausgestrahlt, sei zudem das faszinierendste TV-Projekt gewesen, an dem er bisher mitwirken durfte: „Da hat man das Anliegen gemerkt.“
Aber auch wenn er im November den Nestroy bekam: „Ich denk nicht, dass ich den wirklichen Durchbruch schon g’habt hätt’.“Er wird noch kommen, so viel ist sicher. Denn der grundsympathische Thomas Frank, der kleine Leute und große Pechvögel spielt, ist eine authentische Type, ein Hutschenschleuderer wie aus dem Jahrhundertwende-Bilderbuch oder ein verfluchter Kerl, der sich einen Jux machen will.
Oder ein gerissener Ganove. In der Dramatisierung des Romans „Schwere Knochen“ von David Schalko spielt Thomas Frank den Ferdinand Krutzler, der schon bei seiner Geburt in den frühen 20erJahren ein echter Lackel ist.
Geschliffener Diamant
In Erdberg macht der wenig zimperliche Krutzler zusammen mit dem bleichen Wessely, dem schlaksigen Sikora und dem fleischigen Praschak Karriere: Die Bande räumt im großen Stil Wohnungen aus. Der „Anschluss“ans Deutsche Reich 1938 bedeutet für Krutzler eine Zäsur: „Als rohes Kleinverbrecher-Gestein wird er nach Mauthausen gebracht, als geschliffener Diamant kehrt er ins zerbombte Wien zurück und avanciert zum König der Unterwelt.“So die Ankündigung des Volkstheaters.
Die Uraufführung in der Regie von Alexander Charim findet heute, Mittwoch, in der Halle E des Museumsquartiers statt. Falls man den Weg zur Ersatzspielstätte während der Funktionssanierung nicht finden sollte: Thomas Frank, riesengroß auf dem eingerüsteten Volkstheater affichiert, weist mit dem Daumen den richtigen Weg.
Zur Schauspielerei kam Thomas Frank über seine Mutter. Denn sie machte bereits in den 80er-Jahren in Heidenreichstein engagiertes Laientheater und nahm den Buben immer zu den Proben mit. Mit acht Jahren stand er dann selbst auf der Bühne – als Flamme in „Das Trollkind“. Auswirkungen hatte das zunächst keine: Nach der Hauptschule machte Thomas Frank die Lehre zum Anlagenmonteur.
Von Baustelle zu Baustelle zu ziehen und die Welt kennenzulernen: Das war das eigentliche Ziel. Doch die Firma, für die Thomas Frank nach seiner Gesellenprüfung arbeitete, ging pleite. Andere Firmen hielten nicht das, was er sich erhofft hatte. Thomas Frank jobbte unter anderem für einen Botendienst in Wien. Das war, wenn man sich in der Stadt nicht wirklich auskennt, eher nervenaufreibend. Ein Freund riet ihm daher, sich am Max-Reinhardt-Seminar zu bewerben.
Im zweiten Anlauf klappte es – mit einer genial einfachen, an sich nicht gern gesehenen Strategie: Weil Frank gerade in Heidenreichstein in Shakespeares „Was ihr wollt“mitgespielt hatte, trug er seine Passagen, zum Monolog verdichtet, und Malvolios zum Himmel schreiendes Liebesgeständnis vor.
Im letzten Studienjahr sprach Thomas Frank bei Anna Badora vor. Und die Regisseurin verpflichtete ihn 2007 ans Grazer Schauspielhaus, wo er schon bald zum Publikumsliebling avancierte. 2015 nahm Badora ihn mit ans Volkstheater.
Zu deren Konzept, das nicht wirklich aufging, äußert sich Thomas Frank nicht. Und er verliert auch kein schlechtes Wort über sie. Dass man oft vor einen halb leeren Saal spielen müsse: Ja, das sei schon schade. „Aber auch wenn es zehn Leut’ san, so san es immerhin zehn Leut’, für die man spielt.“
Mit Gemütlichkeit
Thomas Frank zeichnet Gemütsruhe aus – auch hinsichtlich seiner Zukunft. Denn Kay Voges, der das Volkstheater im Sommer von Badora übernimmt, teilte ihm bereits mit, keine Verwendung für ihn zu haben. „Ich seh’ das nicht so schlimm. Das ist halt so: Dass jeder seine eigenen Leut’ mitbringt.“Was allerdings, so der Volksschauspieler, bedeutet: „Muss ich jetzt a paar Bewerbungsbriefe schreiben.“
Vielleicht verschlägt es ihn nun tatsächlich nach Erdberg. Denn dort befindet sich der Rabenhof. Und Thomas Gratzer, der Direktor, macht genau dieses trashige Volkstheater, für das Thomas Frank die Einserbesetzung wäre. „Ich find’ sehr spannend, was dort passiert“, sagt er. Aber mal schauen. Es geht auch mit Gemütlichkeit.