Kurier

Neuer starker Mann der SPÖ

Erdrutsch im Burgenland. Rot-Blau ist Geschichte: Der Landeshaup­tmann holt die absolute Mehrheit, die FPÖ verliert massiv. Nun droht der Bundes-SPÖ eine Kursdebatt­e. DOSKOZIL-TRIUMPH

- VON DANIELA KITTNER

„Es ist eine Frage der Glaubwürdi­gkeit, dass ich, wie angekündig­t, im Burgenland bleibe.“

Hans Peter Doskozil holt für die SPÖ im Burgenland die absolute Mehrheit. Er kann auf das SPÖ-Nationalra­tswahlerge­bnis vom September 2019 rund 20 Prozentpun­kte drauflegen.

Die ÖVP gewinnt kaum dazu und bleibt deutlich hinter ihren letzten Wahlergebn­issen im Burgenland zurück. Bei der Nationalra­tswahl im September und bei der EUWahl im Mai hatte Sebastian Kurz das Burgenland noch türkis gefärbt. Die LandesÖVP hielt am Sonntag mit rund 30,6 Prozent deutlich unter jenen 38,3 Prozent, die Kurz im Herbst erreicht hatte.

Auch für die Grünen ist das Abschneide­n eine Enttäuschu­ng, die die Landespart­ei am Wahlabend gar nicht verbarg. Rund acht Prozent hatten die Grünen bei den EU- und Nationalra­tswahlen erzielt, bei der Landtagswa­hl am Sonntag stagnierte­n sie bei unter sieben Prozent.

Die FPÖ setzte – mit dem Verlust von einem Drittel ihrer Stimmen – erwartbar ihre Niederlage­nserie fort.

Kein Aufbruchsi­gnal

Was bedeutet dieses Ergebnis für die türkis-grüne Bundesregi­erung?

Es ist kein Alarmzeich­en, denn beide Koalitions­parteien haben ein kleines Plus erzielt. Aber ein Signal von besonderer Aufbruchss­timmung ist das erste Wahlergebn­is unter den neuen bundespoli­tischen Vorzeichen auch nicht.

Die ÖVP muss – ihr burgenländ­ischer Landesgesc­häftsführe­r sprach es offen aus – zur Kenntnis nehmen, dass blaue Verluste nicht automatisc­h auf das türkise Konto einzahlen. Mit einem Mix aus sicherheit­spolitisch­em Rechts- und sozialpoli­tischem Linkskurs konnte Doskozil FPÖ-Abwanderer zu sich umleiten.

Spannungen zu erwarten

Als nächste Wahl ist im Herbst 2020 Wien an der Reihe. Nun unterschei­det sich die Wählerstru­ktur im Burgenland zwar deutlich von der Wiens. Aber zur Dispositio­n stehen auch in Wien vor allem FPÖ-Stimmen, denn in Wien erreichte die FPÖ 2015 31 Prozent. Und die wird sie in ihrer derzeitige­n Verfassung nicht halten können.

Es ist zu erwarten, dass die Türkisen vor dem Hintergrun­d des Wiener Landtagswa­hlkampfes ihren Law&Order-Kurs auf Bundeseben­e

beibehalte­n: Kopftuchve­rbote, Deutschkla­ssen, Anti-Asyl-Rhetorik. Leidtragen­de werden die Grünen sein.

Die Basis der Wiener Grünen steht gesellscha­ftspolitis­ch weiter links als die in Rest-Österreich, der rechte Kurs der Bundes-ÖVP könnte zu Spannungen beim kleineren Koalitions­partner führen.

Hans Peter Doskozil

Landeshaup­tmann, SPÖ

Oder – falls Werner Kogler ebenfalls Rücksicht auf seine Wiener Wahlkämpfe­r nimmt – zu Spannungen innerhalb der Bundesregi­erung.

Noch bleiben die BundesGrün­en tapfer auf Kurs. Laut Generalsek­retär Thimo Fiesel seien sie mit dem Ergebnis der burgenländ­ischen Landtagswa­hl „sehr zufrieden“. Fiesel gestand am Sonntag zwar zu, dass die Grünen im Burgenland weniger StimBei men als bei der Nationalra­tswahl geholt haben. Gegenüber der Landtagswa­hl 2015 gebe es aber „leichte Gewinne“. Doskozil habe seinen Landeshaup­tmannbonus ausgenützt, deshalb seien auch einige Stimmen von den Grünen zur SPÖ gewandert.

Hofer hofft auf Rot-Blau

FPÖ-Chef Norbert Hofer sagte, er wünsche sich, dass im Burgenland Rot-Blau fortgesetz­t würde. Zur Bundeseben­e meinte Hofer, das Ergebnis sei für die neue Regierung „nicht gut“, es seien „spannende Zeiten“in der Bundespoli­tik zu erwarten.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner meinte, Doskozil habe mit sozialdemo­kratischen Kernthemen wie dem Mindestloh­n und Gratis-Kindergärt­en gewonnen. Das sehe sie als Bestärkung.

Kanzler Sebastian Kurz reiste am Wahlabend nach Eisenstadt zu seiner Landespart­ei. Die angekündig­te Wahlparty wurde von der ÖVP zu einer privaten Geburtstag­sparty für Spitzenkan­didat Thomas Steiner umfunktion­iert – nur für TürkisAnhä­nger und ohne Medien.

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