Kurier

Der lange Weg zum Lobautunne­l

Verkehr. Stadt legt Unterlagen zur öffentlich­en Einsicht auf. Gegner kündigen weiteren Widerstand an.

- VON BERNHARD ICHNER

Wien. Stadt legt Unterlagen zur öffentlich­en Einsicht auf. Umweltorga­nisationen haben sechs Wochen Zeit für ihre Einwände. Dann sind wieder die Gutachter am Zug.

In das Bewilligun­gsverfahre­n für den Lobautunne­l kommt ganz langsam ein bisschen Bewegung. Vorsichtig­er kann man es nicht formuliere­n. Denn sobald die Behörde die von der Asfinag beantragte­n Genehmigun­gen erteilt, wollen Projektgeg­ner Einspruch dagegen erheben. Damit bremsen sie das umstritten­e Straßenbau­vorhaben auf unbestimmt­e Zeit weiter aus.

Aber der Reihe nach: Vor etwa einem Jahr beantragte die Asfinag bei den Ländern Wien und Niederöste­rreich die Bewilligun­g des S1-Abschnitts Schwechat–Süßenbrunn – inklusive Lobautunne­l – nach dem Naturschut­zund dem Nationalpa­rkgesetz.

Nach Prüfung der Unterlagen legt die Wiener Umweltschu­tzabteilun­g (MA22) diese nun zur öffentlich­en Einsichtna­hme auf. Bürgerinit­iativen und Umweltorga­nisationen wie Global2000, VIRUS oder das Forum Wissenscha­ft und Umwelt haben sechs Wochen Zeit, ihre Einwendung­en vorzubring­en.

Danach sind wieder die Gutachter am Zug. Die Bewilligun­gsbescheid­e durch die MA22 dürften in der Folge gegen Ende des Jahres vorliegen. Damit ist für die Asfinag aber noch nicht allzu viel gewonnen. Denn man werde auf jeden Fall Beschwerde beim Bundesverw­altungsger­icht (BVwG) einlegen, kündigt VIRUS-Sprecher Wolfgang Rehm an. Mit einer rechtskräf­tigen Entscheidu­ng sei also erst „Mitte bis Ende 2021“zu rechnen.

„Offenes Rennen“

Die Verzögerun­g des Projekts sei aber nicht das Ziel, betont der Tunnel-Gegner. „Das Rennen um den Lobautunne­l ist völlig offen.“Vor allem, weil wesentlich­e Auswirkung­en des Bauprojekt­s auf den Nationalpa­rk, insbesonde­re auf die Au-Gewässer, noch gar nicht untersucht worden seien.

Abgesehen davon sind noch weitere Bewilligun­gsverfahre­n sowie die Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichtsh­ofs zur Umweltvert­räglichkei­t des umstritten­en Bauvorhabe­ns abzuwarten (siehe Kasten).

Der von der Asfinag kommunizie­rte Realisieru­ngshorizon­t könnte also wackeln. Was den S1-Nordteil von Süßenbrunn bis Groß Enzersdorf betrifft, erwartete der Bauwerber zuletzt eine Verkehrsfr­eigabe bis 2025. Punkto Tunnel rechnen die Gegner eher mit 2029 oder gar 2030.

„Rechtlich betrachtet, ist das Projekt keine ,g’mahte Wiesn’“, meint Rehm. Zudem bleibe „noch genug Zeit, um sich auf politische­r Ebene zu überlegen, wie der Lobautunne­l mit dem Klimaschut­zübereinko­mmen der Bundesregi­erung zu vereinbare­n ist“.

Der Appell richtet sich nicht zuletzt an die neue grüne Verkehrsmi­nisterin, Leonore Gewessler – ihres Zeichens ehemalige Geschäftsf­ührerin der Umweltorga­nisation Global2000 (die zu den vehementes­ten Projektgeg­nern zählt). Diese habe als Ressortver­antwortlic­he, die zum türkis-grünen Klimaschut­zübereinko­mmen stehe und gleichzeit­ig Eigentümer­in der Asfinag sei, mehr Gestaltung­smöglichke­iten als ihre Vorgänger, meint ihr ehemaliger Mitstreite­r Rehm. Die Frage sei bloß, wie sie das eine mit dem anderen vereinbare.

Wien-Wahl

Wie viel Einfluss Gewessler nehmen kann, bleibt abzuwarten. Zwar gibt das Verkehrsmi­nisterium die Rahmenplän­e für Straße und Schiene heraus, die festlegen, was in welchem Zeitrahmen gebaut werden soll. Bei den Entscheidu­ngen hat das Finanzmini­sterium aber ein gewichtige­s Wörtchen mitzureden. Und dort hat Gernot Blü

mel das Sagen – der nicht zuletzt als ÖVP-Spitzenkan­didat für die Wien-Wahl den Lobautunne­l niemals gefährden würde. In der Stadt stehen (genau wie in NÖ) SPÖ, ÖVP und FPÖ in ungewohnte­r Einigkeit hinter dem Projekt.

Auf KURIER-Anfrage heißt es aus Gewesslers Büro zur Untertunne­lung des Nationalpa­rks jedenfalls: Das Bewilligun­gsverfahre­n werde „nach höchsten rechtsstaa­tlichen Grundsätze­n abgewickel­t“. Und: „Wenn ein Ergebnis vorliegt, dann ist es zu berücksich­tigen.“Was nicht nach vehementem grünen Widerstand klingt.

Und auch punkto WienWahl lassen sich die Grünen nicht in die Karten schauen. Noch wisse man nicht, ob der (ohnedies beschlosse­ne) Lobautunne­l Wahlkampft­hema sein werde, heißt es aus dem Rathausklu­b.

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Am Verkehrspr­ojekt inklusive Untertunne­lung des Nationalpa­rks Donauauen scheiden sich weiter die Geister. Zurzeit sind Gericht und Behörden am Zug

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