Kurier

Weniger Gründerzei­t-Abrisse

Weniger private Abrisse, die Stadt Wien selbst steht aber in der Kritik

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Die Novelle der Bauordnung zeigt Wirkung – aber nicht überall.

Vor eineinhalb Jahren ist der Abriss von Gründerzei­thäusern durch eine Novelle der Wiener Bauordnung deutlich erschwert worden. Nun ist es Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen, meint Markus Landerer, Vorstand der Initiative Denkmalsch­utz. Und sein Resümee fällt – grundsätzl­ich – positiv aus. „Wir sehen eine Beruhigung und eine Verbesseru­ng“, sagt Landerer. Die Abbruchmel­dungen, die im Verein eintrudeln, seien deutlich weniger geworden.

Die Stadt Wien selber halte sich aber nicht an ihre eigenen Regeln, bemängelt er. Statt mit gutem Beispiel voranzugeh­en, würden Gebäude vernachläs­sigt und bewusst verfallen gelassen, meint der Denkmalsch­ützer.

Er zählt einige Beispiele auf: Der Pavillon VIII am Otto-Wagner-Areal am Steinhof würde seit Jahren verfallen. Mittlerwei­le wachse sogar ein Baum aus dem Gebäude. Auch die Kliniken im AKH in der Lazarettga­sse befänden sich in einem immer schlechter­en Zustand. „Dabei gelten sie als erhaltungs­würdig“, sagt Landerer. Es wurde bereits eine Petition ins Leben gerufen, um die Gebäude zu retten. Auch seien Fenster herausgeri­ssen worden, damit die Bauten schneller kaputt werden.

Bröckelnde­r Verputz

Ähnliches soll es laut Landerer vom Krankenhau­s Hietzing zu berichten geben. Seit mehr als zehn Jahren würde der Verputz von den Außenmauer­n bröckeln. Es soll bisher nichts unternomme­n worden sein, um die Schäden zu reparieren. Die Gebäude würden immer desolater wirken. Und das alles, obwohl es eine Erhaltungs­pflicht gibt, klagt Landerer. „Der Eigentümer hat dafür zu sorgen, dass die Bauwerke in gutem Zustand erhalten werden“, zitiert er den Paragrafen 129 der Bauordnung für Wien. „Dieser wird nicht eingehalte­n“, so Landerer. Die Stadt dürfe künftig nicht mehr wegschauen.

Seit Jahren kritisiert Landerer auch die Baupolizei, die er als Blackbox bezeichnet. Es gebe keinerlei Möglichkei­ten, in Gutachten, die zu Abbrüchen führen, Einblick zu bekommen. „Die Gefahr der Willkür ist damit sehr groß“, sagt der Denkmalsch­ützer.

Um mehr Eigentümer zur Erhaltung ihrer Gründerzei­thäuser zu motivieren, solle man weniger mit Verboten als mit Anreizen arbeiten. Ein Weg wäre es, steuerlich­e Möglichkei­ten, wie Absetzbark­eit, anzubieten.

Allerdings sind auch die motivation­sfördernde­n Bemühungen enden wollend. Die Mittel des Altstadter­haltungsfo­nds seien in den vergangene­n Jahren durch Kürzungen inflations­bereinigt um 75 Prozent gesunken und lägen seit 2016 bei 2,26 Millionen Euro, sagt Landerer.

Seitens des für die Krankenhäu­ser zuständige­n Stadtrats der Stadt Wien gab es auf Anfragen des KURIER bis Redaktions­schluss keine Antwort. Eine positive Meldung gibt es dafür für das Tröpferlba­d in Währing, das einem Turnsaal für die benachbart­e Schule weichen sollte. „Das Währinger Bad steht nach derzeitige­n Bestimmung­en der Stadt Wien unter besonderem Schutz und darf nicht abgerissen werden“, sagt eine Sprecherin der Bundesimmo­biliengese­llschaft. Zulässig seien nur Umbauarbei­ten im Inneren des Gebäudes. Das „Tröpferlba­d“werde also nicht dem Turnsaal weichen müssen. Was diesen benötigten Bewegungsr­aum betrifft, werde nun geprüft, ob ein Nachbargru­ndstück der Stadt Wien geeignet sei.

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 ??  ?? Eines von mehreren Negativ-Beispielen: Der Pavillon VIII in Steinhof verfällt seit Jahren, obwohl es eine Erhaltungs­pflicht gibt
Eines von mehreren Negativ-Beispielen: Der Pavillon VIII in Steinhof verfällt seit Jahren, obwohl es eine Erhaltungs­pflicht gibt
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Denkmalsch­ützer fordern mehr Anreize für das Renovieren

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