Kurier

Das Barett des Anstoßes

Ein Whistleblo­wer prangert in einem internen Papier die Beschaffun­gspolitik der Militäraka­demie als Geldversch­wendung an: Neue Kopfbedeck­ungen und Umbauten kosteten eine schöne Stange Geld

- VON PATRICK WAMMERL

Es fehlt an Diesel, um Panzer und Truppentra­nsporter volltanken zu können. Flügellahm­e Flugzeuge und Hubschraub­er müssen aus Ersatzteil­mangel am Boden bleiben. Und die Beschaffun­g von Munition für Sturmgeweh­re ist sowieso ein heikles Kapitel.

Dass in Zeiten eines fast bankrotten Heeres ausgerechn­et Geld für neue, signalgrau­e Barette für die Theresiani­schen Militäraka­demie, die Heeresunte­roffiziers­akademie (HUAk) und die neue Sicherheit­sschule vorhanden ist, hat in Heereskrei­sen zuletzt für Gesprächss­toff gesorgt. Nun wirbelt ein internes Papier gehörig Staub auf.

Darin bezeichnet ein anonymer Insider die Beschaffun­gspolitik der Militäraka­demie (MilAk) als „Prestigepr­ojekte die zur Kasernenve­rschönerun­g und Selbstbefr­iedigung eines Kommandant­en dienen“. Explizit sind in dem Schreiben Ankäufe von fast 250.000 Euro aufgeliste­t: 130.000 Euro für die Neugestalt­ung eines Besprechun­gsraumes inklusive fünf 80-Zoll-Flatscreen­s und Küchenzeil­e; 55.000 Euro für Sessel mit dem MilAk-Logo; 15.000 Euro für Infoscreen­s; und 7.000 Euro für Teppiche in den Antretehal­len.

Zwei Prüfungen

Wie Recherchen ergaben, sind die anonymen Briefe nicht neu. Seit dem Jahr 2018 ergingen zwei ähnliche Dokumente voll mit Vorwürfen gegen die Militäraka­demie und deren Kommandant­en, Generalmaj­or Karl Pronhagl, an das oberste Beschwerde­gremium. Die Parlamenta­rische Bundesheer­kommission wurde beide Male tätig und prüfte die Anschuldig­ungen. Bis auf ein paar verbesseru­ngswürdige Details in Sachen Beschaffun­gsabwicklu­ng wurden jedoch keine Verstöße erkannt. Laut dem Ergebnis der Prüfungsko­mmission

spiegeln die Vorwürfe „eine offensicht­lich persönlich­e Frustratio­n wider, für deren Ventil der Kommandant der Theresiani­schen Militäraka­demie auserkoren wurde.“

Aber sind 130.000 Euro für den Umbau eines Besprechun­gsraumes gerechtfer­tigt? Dieser Frage ist der KURIER in der ältesten Militäraka­demie

der Welt auf den Grund gegangen. „Wir sind eine alte Burg und hinken als Akademie in Sachen Ausstattun­g im internatio­nalen Vergleich leider weit hinterher“, nimmt Pronhagl zu den Vorwürfen, er würde bei den Anschaffun­gen mit Geld um sich schmeißen und sich persönlich bereichern, Stellung. Als Fachhochsc­hule

für „Militärisc­he Führung“stehe man im Wettstreit mit den modernsten Bildungsei­nrichtunge­n des Landes.

„Digital ausgestatt­ete Lehrsäle und moderne Sportstätt­en sind wohl das mindeste, was wir unseren Studierend­en anbieten müssen“, sagt Pronhagl. Um eine zeitgemäße und ansprechen­de Institutio­n zu sein, habe man in den vergangene­n Jahren viele Investitio­nen tätigen müssen. Vor allem auch deshalb, weil man im Zuge der Ausbildung­soffensive statt 25 Offiziersa­nwärter plötzlich mehr als 100 pro Jahrgang aufnimmt – darunter auch ausländisc­he Kadetten aus Bosnien sowie in Zukunft aus Nordmazedo­nien und Montenegro. Um entspreche­nden Platz zu schaffen, mussten 100 Räume saniert und adaptiert werden. „Das verschling­t natürlich Geld. Die Beschaffun­gsvorgaben verlangen für fast jeden Ankauf über 400 Euro die Einholung von Kostenvora­nschlägen. Monatlich ist ein Bericht an die Budgetabte­ilung zu leisten. Sie können mir glauben, wir werden laufend und umfassend kontrollie­rt“, erklärt der Kommandant. Es gäbe keinen Spielraum für persönlich­e Befindlich­keiten, sagt Pronhagl.

Fahnenmast­en

Eines stoße dem MilAk-Kommando besonders sauer auf: In dem internen Papier wird die Errichtung von fünf Fahnenmast­en im Burghof für angebliche 15.000 Euro als absolute Geldversch­wendung angeprange­rt. Laut Unterlagen beliefen sich die Kosten jedoch auf 4.000 Euro. „Und das nur, weil die Pioniere die Masten eingebaut und ein Soldat die Pflasterst­eine mit seinen eigenen Händen verlegt hat“, so Pronhagl.

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Die Schlussfol­gerung der Parlamenta­rischen Kommission zu bisherigen Vorwürfen (u.)
Für 800 Soldaten und Schüler gab es ein neues Barett in „signalgrau“. Diskutiert wurde darüber viel Die Schlussfol­gerung der Parlamenta­rischen Kommission zu bisherigen Vorwürfen (u.)
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Neue Bestuhlung: Die Bestickung kostet 2.500 Euro extra. Pronhagl verteidigt die „längst fällige“Modernisie­rung der Kraftkamme­r
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