Kurier

Roboter lehrt Kindern das Grüßen

Viele Eltern sind ihren Kindern kein Vorbild mehr. Rob ist auf gutes Benehmen programmie­rt, im Eingangsbe­reich der Volksschul­e Oberwart begrüßt er die Schüler – und das in vier Sprachen

- VON ROLAND PITTNER UND STEFANIE RACHBAUER ROLAND PITTNER

„Guten Morgen – ich wünsche dir einen schönen Tag“, sagt Rob in burgenländ­ischem Dialekt. Oder auf Ungarisch, Kroatisch und sogar auf Englisch – je nachdem, welchen Knopf die Schüler der Volksschul­e Oberwart drücken. Denn Rob ist ein Roboter – und so etwas wie ein automatisi­erter Benimmpaps­t.

Jeden Morgen begrüßt er die Kinder. Grüßen sie ihn zurück und schütteln sie ihm die Hand, entgegnet er: „Schön, dich zu sehen, mein Name ist Rob.“Ignorieren die Schüler den Roboter, wird auch er unhöflich: „He – hast du nicht was vergessen?“

Genau das haben in Oberwart zuletzt immer mehr Schüler getan: Stumm betraten sie morgens die Schule. Direktorin Roswitha Imre versuchte zwar, das zu ändern: „Früher war ich der Roboter und habe alle Kinder beim Hereinkomm­en gegrüßt“, sagt sie. Allerdings oft ohne Erfolg. Nun übernimmt Rob diese Aufgabe.

Austausch per Handy

Die Jugend, die nicht mehr grüßt: Das ist ein oft gehörtes Lamento. Aber ist da auch etwas dran? „Ja“, sagt Bettina Gruber, die mit ihrem Wiener Unternehme­n „KinderKnig­ge“für Schulen Trainings in Sozialkomp­etenz anbietet. „Der persönlich­e Kontakt wird immer weniger. Da bleibt das Grüßen oft auf der Strecke.“

Verantwort­lich dafür sei, dass vermehrt über Smartphone­s kommunizie­rt wird. „Wer ruft denn noch jemanden an?“, fragt Gruber. Vielmehr tausche man sich über Textnachri­chten aus. Und selbst da komme das Grüßen zu kurz: „Man platzt gleich ins Thema und sagt zu Beginn nicht einmal ,Hallo‘.“Kein Wunder also, dass Kinder mit der neuen

Kommunikat­ionstechni­k das Grüßen verlernen würden.

Die Volksschul­e Oberwart will das mit dem elektronis­chen Helfer ändern. Mit Rob schlug sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Da die Schule an einem Erasmus-Projekt zu den Bereichen Coding und Robotik teilnimmt, mussten die Kinder ohnehin einen Roboter bauen. Sie entschiede­n sich letztlich für einen, der grüßen kann.

Unterstütz­ung kam von Experten von der HTL Pinkafeld: „So haben wir ein stabileres Modell entwickelt und mithilfe der Informatik-Schüler den Roboter programmie­rt“, sagt Direktorin Imre. „Die Kinder hatten große Freude dabei.“Auch in Aktion kommt Rob gut an. Die Schülerinn­en Selina und Jana-Ina finden den Roboter „cool“. Allerdings: Sie hätten immer gegrüßt, schon bevor Rob beim Eingang der Schule aufgestell­t wurde, beteuern sie. Damit waren die beiden laut der Projektlei­terin und RobotikLeh­rerin Marlene Ruiter-Gangol fast die einzigen: „Wir stehen oft im 1. Stock und es kommen 200 Kinder bei uns vorbei. Wenn wir sie grüßen, grüßen nur etwa fünf Prozent zurück.“

Eltern in der Pflicht

Doch nicht nur die Kinder sollen von Rob lernen – sondern auch deren Eltern. Das Projekt soll bei den Erziehungs­berechtigt­en Bewusstsei­n für das Thema schaffen. „Das Problem ist, dass viele Eltern zu wenig Vorbild für die Kinder sind“, sagt Expertin Gruber. Der Grund sei oftmals Zeitmangel. „Begrüßungs­rituale werden dann kaum noch gelebt. Und die Kinder verlernen sie.“

Neben dem auf Höflichkei­t programmie­rten Roboter forcieren weiterhin auch die Lehrer das Grüßen. Sie werden das „Guten Morgen“von den Schülern einfordern. Denn: Doppelt hält bekanntlic­h besser.

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