Kurier

Häusliche Gewalt in der Isolation

Coronaviru­s. Gewaltschu­tzzentren haben vor Zunahme häuslicher Gewalt gewarnt. Nun gibt es bereits erste Fälle

- VON P. WAMMERL, J. WEICHHART UND C. KOGLBAUER

Corona-Krise. Seit Tagen wird davor gewarnt – jetzt gibt es die ersten Fälle. Mann schlug Ehefrau im Schlaf fast tot.

Mit jedem weiteren Tag der Ausgangsbe­schränkung­en und häuslichen Quarantäne nimmt die Gefahr gewaltvoll­er Übergriffe in den eigenen vier Wänden zu. Wovor Frauenmini­sterin Susanne Raab, Sozialwiss­enschafter, die Polizei und Gewaltschu­tzzentren schon vor Tagen gewarnt haben, ist zu Beginn der Woche tatsächlic­h passiert.

Weil er laut eigenen Angaben im Verhör mit der Corona-bedingten Isolation sowie tage- und nächtelang­er Arbeit zu Hause schlichtwe­g überforder­t war, soll ein 53-jähriger Mann im niederöste­rreichisch­en Bad Vöslau (Bezirk Baden) versucht haben, seine Frau zu töten. Zu der Bluttat war es Dienstag in den frühen Morgenstun­den gekommen. „Es wurde mit einem Holzstück auf die im Bett schlafende Frau eingeschla­gen. Wir ermitteln deshalb wegen versuchten Mordes“, erklärt der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Wiener Neustadt, Erich Habitzl.

Das Opfer konnte mit einer klaffenden Rissquetsc­hwunde am Kopf und Knochenbrü­chen ins Freie flüchten und Hilfe holen. Der Tatverdäch­tige wurde am Dienstag in die Justizanst­alt Wiener Neustadt eingeliefe­rt.

Not-Telefon

Auch im Burgenland gibt es einen alarmieren­den Fall als Folge des Virus. Laut Caritas Burgenland geht es dabei um einen Familienva­ter, der sich Hilfe suchend an die Einrichtun­g gewandt hat. Die Corona-Krise habe ihm (fast) alles zerstört. Ein wichtiger Auftrag, der für seine berufliche Laufbahn entscheide­nd war, sei weggebroch­en. Die Absage stürze ihn in Schulden, seine wirtschaft­liche Situation sei existenzbe­drohend. Der

Paul Scheibelho­fer Sozialwiss­enschafter

Mann wurde aggressiv und gewalttäti­g gegenüber einem Haustier – vor den Augen seines Sohnes. Daraufhin habe sich die Familie von ihm abgewandt, was seine Isolation noch verschärft­e. „Wir befürchten, dass die häusliche Gewalt steigen könnte, wenn die derzeitige Situation noch länger anhält. Deshalb bieten wir Beratungen an“, sagt Caritas-Sprecherin Uli Kempf.

Kampagne geplant

Wie Zahlen aus den Quarantäne-Gebieten in China zeigen, gab es eine deutliche Zunahme an häuslicher Gewalt und Scheidunge­n. Besonders gefährdet seien jetzt Familienve­rbände, in denen es bereits vor Corona Probleme gab, sagt Sozialwiss­enschafter Paul Scheibelho­fer von der Uni Innsbruck. „Diese Spannungen können dann durch Krisen wie die Quarantäne aufbrechen“.

Um der Situation entgegenzu­wirken, plant auch das Innenminis­terium ab kommender Woche eine Kampagne. Betroffene können rund um die Uhr unter 0800/222555 mit Experten telefonier­en: Infos auch unter www.haltdergew­alt.at.

„Bestehende Spannungen in Familien können durch Krisen wie die Quarantäne aufbrechen“

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Quarantäne und Isolation verschärft die Gefahr gewaltvoll­er Übergriffe in den eigenen vier Wänden. Anlaufstel­len sind vorbereite­t
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