Kurier

In Corona-Zeiten wünschen sich viele tierische Gesellscha­ft

Tierliebe. Die meisten Heime vermitteln aktuell nicht – mit Ausnahmen

- VON MICHAELA REIBENWEIN UND CLAUDIA KOGLBAUER

Eigentlich müssten sich die Tierpflege­r freuen: Täglich rufen in den Tierheimen Menschen an, die jetzt einen Hund oder eine Katze holen wollen. In der Corona-Krise haben die Menschen plötzlich Zeit. Und sie sehnen sich nach Gesellscha­ft. Doch was sie nicht bedenken: Auch in den Tierheimen herrschen aktuell strengste Sicherheit­smaßnahmen. Die Tiervermit­tlung ist bis auf Weiteres eingestell­t.

„Die Leute sind aktuell sehr viel im Internet. Sie sehen ein Tier und glauben, sie können es sofort abholen“, schildert Oliver Bayer vom Wiener Tierschutz­verein. Mit der Erklärung, dass dies im Moment nicht möglich ist, geben sich manche nicht zufrieden. „Wir fahren hier selbst Notdienst. Sei es in der Ordination oder bei den Pflegern. Wir halten das Haus im Minimalbet­rieb am Laufen“, ergänzt Bayer.

Allein mehr als 200 Hunde sind aktuell im Wiener Tierschutz­verein untergebra­cht. Auch Gassi-Runden sind aktuell nicht möglich. Wobei: Einige Betreuungs­paten haben sich noch vor Einführung der Maßnahmen einen Schützling mitgenomme­n. „Damit sie zumindest vorübergeh­end ein Zuhause haben. Das fanden wir schön“, sagt Bayer.

Plüschtier

Auch bei der Tierhilfe Lochen in Oberösterr­eich bemerkt man eine steigende Nachfrage nach Tieren. Aber auch hier gilt: Aktuell ist keine Vermittlun­g möglich – was nicht immer auf offene Ohren stößt, wie Geschäftsf­ührerin Johanna Stadler sagt: „Am liebsten würden wir Plüschtier­e empfehlen, wenn Leute so uneinsicht­ig sind und jetzt, weil ihnen zu Hause langweilig ist, nach einem lebenden Spielzeug suchen.“

In Lochen werde extra in zwei streng getrennten Schichten gearbeitet. Als Notfall-Maßnahme wurden sogar Feldbetten für die Tierpflege­r aufgestell­t – sollte der Betrieb unter Quarantäne gestellt werden müssen.

Der Lebensmitt­el- und Futtervorr­at reicht für zwei Wochen.

Otto Vogl-Proschinge­r vom Tierheim Dechanthof in Mistelbach kann die steigenden Anfragen ebenfalls bestätigen. „Die Leute sehen ein Tier auf der Homepage und rufen an, dass wir es ihnen in den Garten bringen sollen“, wundert er sich.

Und er weist auf eine weitere Entwicklun­g hin: Weil keine Tiere vergeben werden können, fehlen auch die Einnahmen. Gleichzeit­ig brechen Spendengel­der weg. Und: Noch ist aktuell in den meisten Tierheimen Platz. Doch in Lochen etwa wird die Situation bei den Hunden schon eng.

Vergaben sind möglich

Auch im burgenländ­ischen Tierschutz­haus Sonnenhof in Eisenstadt gibt es einen eingeschrä­nkten Betrieb. Die Spaziergeh­dienste seien derzeit eingestell­t, sagt Leiter Wolfgang Böck. Trotz allem sei die Nachfrage nach Hund und Katz’ leicht gestiegen. Während die meisten Einrichtun­gen die Vergaben gestoppt haben, sei das im Sonnenhof anders. „Bei uns sind Tiervergab­en möglich“, sagt Böck. Weil immer wieder Fundtiere sowie Tiere aus behördlich­en Abnahmen aufgenomme­n werden, müsse man „möglichst viel Kapazitäte­n schaffen“. Böck rechnet mit einem Anhalten der Corona-Krise bis etwa Juni. „Da müssen wir schauen, dass wir Platz haben, wenn er gebraucht wird.“

Auf der Homepage können sich Interessen­ten einen ersten Überblick über die tierischen Bewohner samt Foto und kurzer Beschreibu­ng verschaffe­n. Die Beratungen und Auskünfte erfolgen telefonisc­h. Im Gespräch versuche man zu eruieren, ob der Interessen­t als potenziell­er Besitzer infrage komme. Gewinnen er oder seine Mitarbeite­r den Eindruck, dass alles passt, werde ein Termin für das erste Kennenlern­en vereinbart. Erst nach einer Probezeit wird der Vierbeiner dann vergeben. „Das Tier darf aber nur von einer Person im Freien und unter Sicherheit­svorkehrun­gen übernommen werden.“

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In der Corona-Krise haben die Menschen Zeit und sehnen sich nach tierischer Gesellscha­ft. Doch nicht alle Heime vergeben Tiere

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