Kurier

Heumarkt: Experten fordern klaren Alternativ-Plan

Höhenfrage. Fachleute erhöhen mit Deklaratio­n Druck auf die Stadt

- VON STEFANIE RACHBAUER

Das Zeitfenste­r für die Neuauflage des umstritten­en Heumarkt-Projekts wird immer enger: Zeichne sich bis Herbst 2020 keine konkrete Alternativ­e zu seinem 66-MeterHochh­aus ab, werde das Projekt wie geplant umgesetzt, ließ Immobilien­tycoon Michael Tojner wissen, als die Stadt Wien die Überarbeit­ung der Entwürfe verkündete. Das war vor drei Monaten. Das Ergebnis der Neuplanung ist bis dato offen.

Und das kritisiere­n nun namhafte Fachleute aus den Bereichen Architektu­r, Denkmalsch­utz, Stadtplanu­ng und Kunst. Sorge bereitet ihnen allen voran die Bauhöhe.

Zur Erinnerung: Ende Dezember einigten sich die Stadt und Tojner überrasche­nd darauf, dass der „Heumarkt neu“ohne den umstritten­en Turm auskommen soll. Dieser ist der Grund, warum die UNESCO das historisch­e Zentrum Wiens im Jahr 2017 auf die Liste des gefährdete­n Welterbes setzte. Das Hotel Interconti­nental werde wie geplant abgerissen und durch einen Hotelund Kongressko­mplex ersetzt, hieß es. Allerdings: Das neue Gebäude werde – wenn man auf den Turm verzichten muss – wohl insgesamt höher als ursprüngli­ch vorgesehen, erklärte Landtagspr­äsident Ernst Woller (SPÖ).

Die Gretchenfr­age

Eine genaue Höhenangab­e blieb Woller jedoch schuldig. Kein Wunder – ist die Gebäudehöh­e doch die Gretchenfr­age.

Nun warnen mehr als 40 Experten unter der Federführu­ng von Architekt und TU-Professor Christian Kühn in einer Deklaratio­n davor, dass die Neuplanung auf ein bis zu 55 Meter hohes Hotelgebäu­de hinauslauf­en könnte.

Wie sie darauf kommen? Erstens, weil Woller zuletzt auffällig betonte, dass das Hotel Interconti­nental wegen zahlreiche­r Aufbauten schon jetzt bis in eine Höhe von 48 Metern emporrage. Die von der UNESCO immer wieder genannte Maximalgre­nze von 43 Metern für Bauten auf dem Areal seien vor diesem Hintergrun­d „lächerlich“. Zweitens, weil die Stadt aus Sicht der Experten „in der Öffentlich­keit“suggeriere, „die UNESCO solle sich mit dem Investor, was die Bauhöhe betrifft, in der Mitte treffen.“Und das wären eben 55 Meter.

Eine solche Aufstockun­g wäre im Vergleich zum „bisher forcierten Turm“allerdings keine geringere Beeinträch­tigung der sensiblen Balance der Bauhöhen im Ringstraße­nbereich und Stadtzentr­um“, heißt es in der Deklaratio­n.

Stadt: 55 Meter sind möglich

Die Stadt versuche, die UNESCO, die Bundesregi­erung (sie ist Vertragspa­rtner der UNESCO) und die Öffentlich­keit „hinters Licht zu führen“, kritisiere­n die Experten weiter. Und zwar „umso mehr, weil die „konkrete Ausformung“

des Kompromiss­es zwischen der Stadt und Tojner „bis jetzt im Unklaren bleibt.“Für die Unterzeich­ner ist klar: „An einem Neustart des Projekts führt kein Weg vorbei.“

Landtagspr­äsident Woller räumt im Gespräch mit dem KURIER ein, dass eine Erhöhung des Hotel- und Kongressko­mplexes auf 55 Meter im Raum steht. Der Turm hätte neben den Wohnungen und Hotelappar­tements zusätzlich Teile des Kongressze­ntrums beherbergt , sagt er. „Das alles muss man nun anderswo am Standort unterbring­en.“

Sofern die Variante ohne Turm realisiert werde, könnte daher auch die Terrasse Teil des Kongressze­ntrums

Der neue Hotel- und Kongressko­mplex (li.) könnte 55 Meter hoch werden

werden. Ursprüngli­ch war geplant, dass sie öffentlich zugänglich sein wird. Das wäre somit passé.

Sobald die UNESCO grünes Licht gibt, sollen laut Woller die Details des Kompromiss­es ausgearbei­tet werden: „In diesem Moment muss dann ganz viel passieren, der Investor und seine Architekte­n müssen dann planen.“Woller zeigt

sich zuversicht­lich, dass der alternativ­e Vorschlag die Welterbehü­ter besänftigt und Wien von der roten Liste genommen wird. All seine bisherigen Gespräche – zuletzt eine Videokonfe­renz am Freitag – deuteten darauf hin.

Mit einer offizielle­n Rückmeldun­g der UNESCO rechnet Woller im Mai dieses Jahres.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria