Kurier

Matthias Schrom, ORF2-Infochef

Journalism­us. ORF2-Chefredakt­eur Schrom über die Corona-Berichters­tattung und Pläne für die Zeit nach der Krise

- VON CHRISTOPH SILBER

Isolations­zimmer und Videokonfe­renzen: Wie die „Zeit im Bild“Redaktion Corona bewältigt.

Die enorm hohen Zuseherzah­len belegen es: Der ORF ist für viele eine Hauptanlau­fstelle in Sachen Corona-Informatio­n. ORF2-Chefredakt­eur Matthias Schrom über die Virus-Krise, die Pläne für die Zeit danach und die GIS.

KURIER: Was unterschei­det Ihre journalist­ische Arbeit aktuell von z. B. Ibiza? Matthias Schrom: Ibiza war eine journalist­isch spannende Geschichte – aber für niemanden lebensbedr­ohlich. Jetzt geht es um unser aller Gesundheit. Da haben wir mehr als nur eine journalist­ische Verantwort­ung. Ein gewisses Vertrauen der Bevölkerun­g in das Funktionie­ren der Organe und Behörden unserer Republik halte ich für eminent wichtig. Aufgrund des Zuschaueri­nteresses kommt uns hier eine wichtige Rolle zu. Diese nehmen wir an und machen das, was wir können: faktenbasi­ert informiere­n.

Schwierig in dem Zusammenha­ng ist Social Media, zumal aufgrund von gefälschte­n Videos: Wie versucht die ORFInforma­tion, dem nicht auf den Leim zu gehen?

Das ist eine enorme Herausford­erung. Hier arbeiten wir in verschiede­nen Projekten mit. Es gibt hier auch technologi­sch spannende Möglichkei­ten, die Authentizi­tät von Material zu prüfen. Wir haben eine eigene Gruppe, die sich damit beschäftig­t.

Eines Ihrer Ziele beim Antritt 2018 war, die TV-Informatio­n schneller und flexibler zu machen. Das ist auf ORF2 gelungen, wie Corona zeigt.

Ja, wir bemühen uns. Es klingt pathetisch – ich habe bei meiner Bewerbung gesagt, dass ich mir wünschen würde, dass ich wieder mehr ORF-Pickerl auf Autos sehe, wenn ich durch die Garage gehe und die Leute wieder stolz auf den ORF sind – ich gehe grad nicht durch die Garage,

aber ich habe das Gefühl, seit Ibiza und auch jetzt wieder sind wir insgesamt selbstbewu­sster.

Die Corona-Krise hat auch zur Durchschal­tung der „Zeit im Bild“in den Einser-Kanal geführt. Hat das das Zeug zur Dauereinri­chtung?

Ganz ehrlich – ich weiß es nicht. Jetzt ist eine spezielle Zeit, aus der man nicht für die Normalzeit valide Rückschlüs­se ziehen kann. Es geht da um vieles – das Programm, das Publikum, das etwa die „ZiB 20“sehr gut angenommen hat, das Programmum­feld usw. Jetzt ist die „Zeit im Bild“ja de facto eine tägliche Sondersend­ung und mehr als doppelt so lange wie normal.

In Ihre Verantwort­ung sind jüngst die aktuellen ORF1Infose­ndungen sowie ein Teil der Mannschaft übersiedel­t.

Ich glaube, es ist das ein wechselsei­tiger Gewinn, weil die Kolleginne­n und Kollegen jetzt die weite Welt von zur Verfügung haben und

kann nun auf die schon rein quantitati­v hohe Zahl an Kompetenz von noch leichter zugreifen. Mein Ziel für ORF1 ist da gleich dem bei ORF2: relevante, gute Nachrichte­nformate zu produziere­n und Talente zu fördern.

Ein großes Thema für Sie ist die Regionalis­ierung – bei Corona leider auch nötig.

Gerade die Corona-Sondersend­ungen zeigen, wie wichtig unser dichtes Netz in den Dörfern, Städten und Bezirken im ganzen Land ist. Es macht einen Teil unserer Kompetenz aus. Ich habe in zwei Landesstud­ios und bei

Radio Holiday“gearbeitet – ich weiß um die Kompetenz der Mitarbeite­r und bin dankbar, davon in den „ZiBs“oder in „Aktuell in Österreich“profitiere­n zu können.

Mitte April sollte eine kleine „Zeit im Bild“-Reform kommen mit u. a. Tobias Pötzelsber­ger als neuen Co-Anchor. Muss umgedacht werden?

Tobias Pötzelsber­ger wird die „Zeit im Bild“moderieren, das ist fix. Die Weiterentw­icklung im dramaturgi­schen und optischen Bereich werden wir vorantreib­en, sobald diese Krise durchgesta­nden ist.

Die ORF-Performanc­e ist so, dass die FPÖ ihre GIS-Kampagne eingepackt hat. Ist die Informatio­n die Rettung des Öffentlich-Rechtliche­n?

Ich hoffe, dass unsere Berichters­tattung einen Beitrag zum Ende der Gebührende­batte geliefert hat. Ich dachte eigentlich, Ibiza wäre schon Beweis genug dafür gewesen, wofür es uns braucht. Ich finde es schade, dass eine Parlaments­partei offensicht­lich der Annahme ist, dass wir bzw. die Beitragsfi­nanzierung ein geeignetes Feindbild abgeben, um Parteifans zu mobilisier­en. Wobei ich weiß, dass es viele FPÖ-Wähler gibt, die zufriedene Konsumente­n unserer Produkte sind.

Auch die Anfeindung­en Sie betreffend als „türkis-blauer Wunschkand­idat“sind verstummt. Ist der Misstrauen­svorschuss aufgebrauc­ht?

Also ich habe durchaus das Gefühl, dass ich den einen oder anderen Kollegen positiv überrasche­n konnte. Vermutlich ist das so ähnlich, wie wenn ein Fußballer nach einer soliden Karriere plötzlich Cheftraine­r wird. So selten gelingt der Rollenwech­sel im Sport aber auch nicht: Luis Enrique, Zidane, Klopp, Foda – alle haben auch ehemalige Mitspieler trainiert.

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Isolierber­eich im ORF-Zentrum: Wolf, Bernhard und Leitner
 ??  ?? Matthias Schrom ist Chefredakt­eur von ORF2
Matthias Schrom ist Chefredakt­eur von ORF2

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