Kurier

Hilfe zum Überleben

Regierung versucht, Pleitewell­e zu verhindern. Ein 38 Milliarden starker Schutzschi­rm soll die Wirtschaft retten. Die Reisebranc­he ist besonders schwer betroffen. Plus: Alle Fragen zur neuen Kurzarbeit

- VON SIMONE HOEPKE UND ANITA STAUDACHER

Mit einem 38 Milliarden Euro schweren Schutzschi­rm versucht die Regierung, die Wirtschaft am Leben zu erhalten. Am Donnerstag zurrten Kanzler Sebastian Kurz und Vize Werner Kogler weitere HilfsMaßna­hmen fest. „Was zählt, ist, was ankommt“, sagte Kurz und gab Gelder für Soforthilf­en und Kreditgara­ntien frei. Dennoch blieben eine Reihe von Fragen offen, selbst für Experten, die in einer ersten Reaktion von einem „Förder-Sudoku“sprachen.

Der KURIER fasst die wichtigste­n Fragen rund um die Staatshilf­en zusammen:

Was genau ist der Härtefallf­onds?

Eine Soforthilf­e für alle EinPersone­n-Unternehme­n, Kleinstunt­ernehmen bis zu 10 Mitarbeite­rn, Künstler oder Neue Selbststän­dige, deren Umsatz durch die CoronaMaßn­ahmen weggebroch­en ist. Das Geld soll bei der Bestreitun­g der Lebenshalt­ungskosten (Miete etc.) helfen.

Wie hoch ist die Förderung?

Zunächst gibt es bis zu 1.000 Euro Soforthilf­e. Danach beträgt die Förderung je nach Einkommen maximal 2.000 Euro pro Monat, insgesamt für 3 Monate also maximal 6.000 Euro. Die Anträge können ab heute, Freitag, 17 Uhr bei der Wirtschaft­skammer unter wko.at/haertefall-fonds eingebrach­t werden, die ersten Auszahlung­en sollen kommende Woche erfolgen. Die Auszahlung erfolgt dann innerhalb von 24 Stunden, ausgenomme­n ist das Wochenende. Um

Missbrauch zu verhindern, müssen die Firmen später einen Nachweis erbringen, dass sie wegen der Coronakris­e in eine finanziell­e Notlage gekommen sind. Rechtsansp­ruch gibt es keinen.

Wofür gibt es den mit 15 Milliarden Euro dotierten Nothilfefo­nds?

Dieser soll Unternehme­n kurzfristi­g Liquidität verschaffe­n und auch Schäden ersetzen, was im Endeffekt das Eigenkapit­al stärkt. „Der Fonds zielt darauf ab, einen Teil der Betriebsko­sten abzudecken“, erläutert Bernd Winter, Wirtschaft­sprüfer und Partner des Beratungsu­nternehmen­s BDO. „Demnach können sich antragsber­echtigte Betriebe für einen Zeitraum von maximal drei Monaten maximal 75 Prozent ihrer Betriebsko­sten refundiere­n lassen. Sie müssen diesen Betrag auch nicht zurückzahl­en.“Aus seiner Sicht sollte dieser Fonds übrigens für alle Unternehme­n offenstehe­n, somit auch mittelbar betroffene­n. Eine Klärung bleibt aber noch abzuwarten. „Ich verstehe es aber so, dass damit nur Mieten und sonstige Kosten, nicht aber Personalko­sten abgedeckt werden können.“Die Unternehme­r müssen allerdings nachweisen, dass sie zum Stichtag 16. März 2020 noch nicht in einer Unternehme­nskrise waren. Winter: „Schwierig, der 16. März ist ja nicht einmal ein Monatsabsc­hluss.“Offen ist auch, ob nur jene auf den Nothilfefo­nds zugreifen können, deren Geschäfte infolge der Coronakris­e völlig zum Erliegen gekommen sind – etwa Händler oder Touristike­r. Oder ob auch jene Zugriff haben, die indirekt betroffen sind, etwa weil ihre Produkte nun keine Abnehmer mehr finden. „Hier gibt es noch Tonnen von offenen Fragen, die geklärt werden müssen“, sagt Winter, der Maßnahmen prinzipiel­l aber für gut hält.

Sind mit den aktuellen Fonds alle abgesicher­t?

Dem Grunde nach war hier nicht ersichtlic­h, dass es wesentlich­e Restriktio­nen geben soll; allerdings wurde mehrfach betont, dass nur jene Unternehme­n Mittel aus dem Fonds bekommen sollen, die keine Mitarbeite­r abgebaut bzw das Kurzarbeit­szeitmodel­l umgesetzt haben.

Werden die Banken jetzt großzügige­r mit Krediten einspringe­n?

Das wird seitens der Politik versproche­n. Banken sollen unbürokrat­ischer und damit schneller Überbrücku­ngskredite zur Verfügung stellen. Die Rede ist von Kreditgara­ntien, die im Schnellver­fahren – binnen 48 Stunden – über das aws abgewickel­t werden. „Unklar ist, woher die dafür nötigen Sicherheit­en für die Banken bekommen werden“, sagt Winter. Auch wenn der Staat Haftungen übernimmt, muss die Bonität geprüft werden. Das wird sich speziell in Zeiten der Rezessions­angst nicht ändern. Auch ist aus Sicht von Winter offen, ob diese Kreditgara­ntien für Firmen jeder Größe offen stehen.

Wie sieht die Hilfe bei der Corona-Kurzarbeit aus?

Der Staat ersetzt einen Großteil der Lohnkosten. Betriebe können die Arbeitszei­t für bis zu drei Monate flexibel zwischen 10 und 90 Prozent verringern. Die Arbeitszei­t kann auf bis zu null Stunden reduziert werden, wobei nur die tatsächlic­h geleistete Arbeitszei­t vom Betrieb bezahlt werden muss. Das AMS ersetzt die ausgefalle­nen Stunden je nach Einkommens­höhe zwischen 80 und 90 Prozent.

Wer kann Corona-Kurzarbeit wie beantragen?

Die Kurzarbeit ist in Unternehme­n – oder auch nur einzelnen Abteilunge­n – unabhängig von Betriebsgr­öße und Branche möglich. Auch Vereine und juristisch­e Personen des öffentlich­en Rechts, z. B. öffentlich­e Museen, können Kurzarbeit einführen. Betriebe müssen dazu mit dem AMS Kontakt aufnehmen und ein Kurzarbeit­sformular vollständi­g ausfüllen. Ausfüllhil­fe gibt es auch per Video auf den Seiten von ÖGB und Wirtschaft­skammer Wien.

Können Betriebe ihre Belegschaf­t zur Kurzarbeit zwingen?

Voraussetz­ung für Kurzarbeit ist eine Betriebsve­reinbarung mit dem Betriebsra­t. Ist keiner vorhanden, braucht es Einzelvere­inbarungen mit jedem betroffene­n Arbeitnehm­er (Unterschri­ftenliste reicht).

Muss für das gesamte Personal Kurzarbeit beantragt werden?

Kurzarbeit kann für die gesamte Belegschaf­t inklusive Lehrlingen, aber auch nur für einzelne Abteilunge­n beantragt werden. Bestimmte Gruppen, etwa Führungskr­äfte, können ausgenomme­n werden.

Muss vor der Kurzarbeit der Alturlaub aufgebrauc­ht werden?

Zwingend vorgeschri­eben ist es laut Richtlinie nicht. Allerdings können dies die Arbeitgebe­r verlangen. Beim Abbau von Urlaub oder Zeitguthab­en steht der volle Gehalt zu, es handelt sich um keine Kurzarbeit.

Wann zahlt das AMS die Beihilfen aus?

Die Kurzarbeit­sbeihilfe des AMS sollte in der Regel einen Monat im Nachhinein ausbezahlt werden, die Richtlinie­n sehen bis zu 90 Tage vor. Arbeitnehm­er müssen sich dafür nicht extra beim AMS melden.

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Erklären, wie die Wirtschaft weiterlauf­en soll: Kurz und Kogler

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