Kurier

Schweiz: Das Geld regiert auch in Corona-Zeiten

Pendler aus Frankreich und Italien sind unverzicht­bar. Wie Kantone entscheide­n

- SUSANNE BOBEK

10.000 Infizierte. Stand Donnerstag Mittag gab es in der Schweiz bereits über 10.000 Infizierte und 103 Tote. Das sind im Verhältnis pro Kopf schon mehr Infizierte als in Italien. Allerdings wird in der akkuraten Schweiz auch viel mehr getestet als in anderen europäisch­en Staaten. Im Schweizer Fernsehen

(SRF) wird mehr über die Wirtschaft als über das Coronaviru­s diskutiert. „Genau umgekehrt wie im ORF“, sagt die Wiener Ärztin Mitra Modaressi, die in Basel eine Klinik für Ästhetisch­e Medizin betreibt. „Das Geld ist den Schweizern wichtig. Sie wollen den kompletten Shutdown unbedingt verhindern.“

So will Raiffeisen Schweiz Firmenkred­ite von bis zu 500.000 Franken (470.290 Euro) in nur 30 Minuten vergeben. „Das ist machbar“, sagt Raiffeisen-Boss Heinz Huber. Und daran wolle das Unternehme­n auch nichts verdienen. Es ginge um rasche Hilfe für KMUs, denn die Umsätze sind bisher um 20 Prozent eingebroch­en.

Hotspot Basel

Basel, das im Dreiländer­eck zu Deutschlan­d und Frankreich liegt, hat sich zum Hotspot entwickelt, da viele Arbeitskrä­fte aus dem schwer vom Coronaviru­s betroffene­n Elsass einpendeln. Tausende Elsässer arbeiten in der reichen Schweiz als Krankensch­western, in der Pharmaindu­strie und in den Supermärkt­en. Sie haben jetzt Passiersch­eine bekommen.

„Ohne die Elsässer würde hier alles zusammenbr­echen“, sagt Dr. Modaressi, die ihre Klinik seit einer Woche geschlosse­n hat. „Dabei hätte ich genug Patientinn­en, die sich noch botoxen lassen wollten, aber ich halte das jetzt für unethisch.“

Die in Teheran geborene

Wienerin möchte zurück nach Österreich und „unserem Land als Ärztin dienen“. Am Wochenende will sie die Rückreise mit dem Auto antreten. „Es wird schon klappen“, ist sie sich sicher.

Seit Anfang letzter Woche gilt in der Schweiz eine „außerorden­tliche Lage“. Das heißt, nach dem Epidemieng­esetz kann der Bundesrat per Verordnung die Entscheidu­ngskompete­nzen der Kantone an sich reißen. Allerdings funktionie­rt das nicht im Sinne Berns.

Shutdown im Tessin

Denn das am schwersten vom Coronaviru­s betroffene Tessin hat den totalen Shutdown verfügt. Der Staatsrat ließ am Sonntag alle Baustellen und Fabriken schließen, was dem Bund nicht gefällt. Nur systemrele­vante Betriebe dürfen noch offen halten, mit Passiersch­einen dürfen auch die italienisc­hen Arbeitskrä­fte einpendeln.

Im kleinsten Schweizer Kanton Uri wurde eine Ausgangssp­erre für alle über 65Jährigen verhängt. Doch diese Bestimmung hielt nicht einmal 24 Stunden, Bern hatte etwas dagegen. „Aber die Bürger über 65 gehen eh nicht mehr auf die Straße. Sie haben Angst“, sagt die Ärztin Modaressi. „Gut finde ich, dass hier so viel getestet wird. Damit gibt man vielen Sicherheit, die täglich zur Arbeit gehen.“

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Die Wiener Ärztin Mitra Modaressi arbeitet in Basel

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