Mehr als eine Gebärmaschine sein
Serienadaption von Deborah Feldmans Roman „Unorthodox“als beklemmender Einblick in eine Parallelwelt
Netflix. Der Antisemitismus und die Gräueltaten der Nazis werfen immer noch Schatten. Vergessen wird nie.
Und die Toten leben weiter. Auch an einem Berliner Kinderspielplatz, wo sich einst eine Tragödie abgespielt haben soll. „Willst du unter all den Toten dein Kind großziehen?“, fragt der unberechenbare Moishe (Jeff Wilbusch) seine Cousine Esty (Shira Haas), als sie auf dem Spielplatz stehen. Nach einer intensiven Diskussion legt er ihr eine geladene Pistole hin. Mit der Bitte, sie möge entweder mit ihrem Ehemann Yakov (Amit Rahav) zurück nach Brooklyn gehen, oder ihrem Leben doch selbst ein Ende setzen, um nicht ewig die „verwirrte Jüdin“zu bleiben, die auf „Gottes Gericht“wartet. Es ist eine Schlüsselszene in der vierteiligen Miniserie „Unorthodox“(Regie: Maria Schrader), die die reale Emanzipationsgeschichte der Autorin Deborah Feldman fiktionalisiert erzählt. Als Flucht von der ultraorthodoxen Gemeinde, in die sie hineingeboren wurde. Als Flucht vor der Parallelwelt, wo nach streng religiösen Regeln gelebt wird und in der Frauen zwangsverheiratet werden, keine Rechte haben und bloß als Gebärmaschinen gesehen werden. „Unorthodox“ist die erste Netflix-Produktion, die in Jiddisch gedreht wurde. Die Miniserie hat zwar einige Schwächen (etwa vorhersehbare Dialoge), aber als Zuseher taucht man ein in die beklemmende Welt einer patriarchal geprägten, sich freiwillig von der Gesellschaft abgrenzenden, radikal-religiös und sektenhaft agierenden Gemeinschaft.
„Unorthodox“steht auf Netflix zum Abruf bereit.