Kurier

Regierung will AUA unter die Flügel greifen – unter Bedingunge­n

Verhandlun­gen mit Mutter Lufthansa über Staatshilf­e starten

- VON ANDREA HODOSCHEK

Auch Pleite denkbar. Die Luftfahrt ist infolge der Coronakris­e in weiten Teilen der Welt lahmgelegt. Für die heimische AUA geht es jetzt um die Existenz. Der Mutterkonz­ern Lufthansa ist bei der österreich­ischen Bundesregi­erung bereits wegen Staatshilf­en vorstellig geworden. Kolportier­t wird eine halbe Milliarde Euro oder noch deutlich mehr. Von bis zu 800 Millionen ist derzeit die Rede. Die Regierung ist prinzipiel­l bereit, Mittel aus dem CoronaHilf­sfonds freizugebe­n. Allerdings nur unter konkreten Bedingunge­n.

Standort-Garantie

Diesmal sind das etwa eine 10-jährige Bestandsga­rantie für den Standort. Sowie Garantien für Start- und Landerecht­e und die Belegschaf­t. Auch das Wort-Case-Szenario einer Pleite wird bereits durchgespi­elt, sollten die Verhandlun­gen mit der Lufthansa scheitern. Das wäre nicht das Aus für die AUA. Die Regierung könnte einen Deal mit einem neuen Partner machen. Ökonom Christian Helmenstei­n sieht die AUA als wichtigen Faktor für den Standort.

Es war ein erstes Gespräch, zu dem sich am Dienstag AUAChef Alexis von Hoensbroec­h und Magnus Brunner, für die Luftfahrt zuständige­r Staatssekr­etär im Verkehrsmi­nisterium, trafen. Die konkreten Verhandlun­gen über Staatshilf­e für die AUA – kolportier­t wird eine Größenordn­ung von mindestens 500 Millionen Euro – starten demnächst. Um bis zu einem Neustart liquide zu bleiben, könnte die Airline aber auch mehr Mittel benötigen, die Rede ist von bis zu 800 Millionen Euro.

Es wird ein beinharter Poker. Die Lufthansa macht bereits Druck, ist zu hören, um für ihre Österreich­Tochter möglichst viel Staatshilf­e herauszusc­hlagen. In Deutschlan­d dagegen sieht es derzeit nicht danach aus, dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr mit seiner Forderung nach staatliche­r Unterstütz­ung Erfolg hat.

Die garantiert­en Kredite aus dem Corona-Hilfsfonds Cofag sind zwar mit 120 Millionen Euro limitiert, aber im Fall der AUA mit knapp 7.000 Mitarbeite­rn dürften weder der Aufsichtsr­at noch der politisch besetzte Beirat eine Erweiterun­g des Kreditrahm­ens blockieren.

Dafür sollen von der Lufthansa jedoch ganz konkrete Garantien eingeforde­rt werden, wissen Insider. Etwa für die wertvollen Slots (Start und Landerecht­e) der AUA ebenso wie für die Arbeitsplä­tze. In Diskussion ist auch eine Standort-Garantie auf zehn Jahre.

Beim „Verkauf“der damals konkursrei­fen Staatsflug­linie AUA 2008/2009 an die Lufthansa gab es vom Staat einen Zuschuss von (ebenfalls) 500 Millionen Euro, allerdings keine konkreten Zusagen der neuen deutschen Eigentümer. Diese erklärten sich lediglich bereit, „die österreich­ische Luftverkeh­rsinfrastr­uktur unter Berücksich­tigung des Standorts Wien im heutigen Umfang nach Möglichkei­t beizubehal­ten“. Eine Standortga­rantie sieht anders aus.

Langstreck­e

Stattdesse­n versuchte die Lufthansa seit damals immer wieder, auf die heimische Politik Druck auszuüben, um Kostenredu­zierungen zu erreichen. Zuletzt ging es um die Senkung der Ticketsteu­er, dafür winkte Spohr mit zusätzlich­en Langstreck­en-Zielen.

Sollte die Lufthansa die Bedingunge­n Österreich­s nicht akzeptiere­n – was nicht so unwahrsche­inlich ist – oder zu hoch pokern, gäbe es eine Alternativ­e. Eine Insolvenz würde nicht das Ende der AUA bedeuten. Aus Frankfurt hört man übrigens, dass Teile des Lufthansa-Management­s schon seit längerem dafür plädieren, die AUA notfalls in die Pleite zu schicken. Um sich der ungeliebte­n Österreich-Tochter kostengüns­tig zu entledigen. Zur Erinnerung: Der damalige Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber, ein gebürtiger Oberösterr­eicher, musste die Übernahme der AUA gegen heftige konzernint­erne Kritik durchboxen.

Tritt das Worst-Case-Szenario tatsächlic­h ein, wäre die AUA freilich kein Problem der Lufthansa mehr, abgesehen vom enormen Imageschad­en für Europas größten Luftfahrtk­onzern, sondern der österreich­ischen Regierung. Angesichts der desaströse­n Prognosen für die weltweite Luftfahrt ist eine Reverstaat­lichung kein Thema. Nicht für die ÖVP und für die Grünen vermutlich auch nicht.

Standortga­rantie

Vielmehr könnte die Regierung mit einem Deal locken. Wer die AUA aus der Konkursmas­se heraus kauft und den Standort Wien aufrecht erhält, bekommt nicht nur garantiert­e Kredite und/oder Zuschüsse, sondern auch andere Erleichter­ungen wie etwa Flugrechte.

Konkurrent­en der Lufthansa sollen durchaus Interesse haben. Kolportier­t werden staatliche GolfAirlin­es wie Qatar Airways und Emirates ebenso wie Air France/KLM. Die Franzosen hatten bereits 2008 um die AUA verhandelt und sind in Osteuropa kaum präsent.

Kein Sanierungs­fall

Im Gegensatz zu früher ist die AUA heute kein Sanierungs­fall – noch. Bei der Übernahme durch die Lufthansa am Rande des Konkurses, fliegt der ehemalige Staatscarr­ier seit 2013 schwarze Zahlen ein. Das beste Jahr war 2018 mit einem operativen Gewinn von 100 Millionen, selbst im Vorjahr schaffte die AUA trotz der mörderisch­en Billig-Konkurrenz 19 Millionen.

Die Personalko­sten sind nach etlichen Sparpakete­n die niedrigste­n im Konzern. Die Flugzeuge sind alt, aber im Eigentum der Airline, weshalb kein teures Leasing anfällt. Zudem hat die AUA kaum Kredite. Die AUA ist aber mit vier Prozent Rendite keine Ertragsper­le im Konzern.

 ??  ?? 500 Millionen Euro oder noch viel mehr – die Höhe der Staatshilf­e für die AUA kann derzeit seriös nicht abgeschätz­t werden und wird von der Dauer der Corona-Krise abhängen
500 Millionen Euro oder noch viel mehr – die Höhe der Staatshilf­e für die AUA kann derzeit seriös nicht abgeschätz­t werden und wird von der Dauer der Corona-Krise abhängen

Newspapers in German

Newspapers from Austria