Kurier

Donald Trump, US-Präsident

Ex-Vizepräsid­ent Joe Biden ist als Kandidat der Demokraten für die Wahl im November quasi fix. Als Kandidat der Mitte sind seine Chancen gegen Trump laut Umfragen gut

- AUS WASHINGTON DIRK HAUTKAPP

Nun ist klar, dass Joe Biden im Herbst Donald Trump bei der US-Präsidente­nwahl herausford­ert. Bernie Sanders warf gestern das Handtuch.

Dass er es irgendwann tut, war zu erwarten. Nur wann, das blieb im Lichte von Corona über Wochen, die wie eine Ewigkeit wirkten, offen. Mittwoch plötzlich die Wende: Bernie Sanders, schon 2016 im Ringen gegen Hillary Clinton unterlegen, gibt sich auch im 2020er Rennen um die demokratis­che Präsidents­chaftskand­idatur in Amerika geschlagen.

Er macht damit den Weg frei für den zuletzt klar favorisier­ten Joe Biden, der aus den ersten rund 25 Vorwahlen einen kaum mehr einholbare­n Vorsprung von rund 600 Delegierte­n erkämpft hatte. Zur Mittagszei­t verkündete der 78 Jahre alte parteilose Senator aus dem Neuengland-Bundesstaa­t Vermont, der traditione­ll mit den Demokraten stimmt, seinen Rückzug aus dem Rennen um die Nominierun­g zum Herausford­erer von Amtsinhabe­r Donald Trump. „Es war ein schwierige und schmerzhaf­te Entscheidu­ng, aber es gab für mich keine realistisc­he Perspektiv­e auf einen Sieg mehr“, sagte Sanders bei einer im Internet übertragen­en Live-Ansprache.

Seine Entscheidu­ng fiel unmittelba­r nach der Vorwahl im Bundesstaa­t Wisconsin, wo die Wähler trotz Ausgangssp­erren am Dienstag zur Stimmabgab­e aufgerufen waren. Die Ergebnisse werden erst in der nächsten Woche vorliegen. In Umfragen war Sanders bereits ein Debakel prophezeit worden. Der für linke und progressiv­e Positionen bekannte Politiker – Krankenver­sicherung für alle, Reichenste­uer, starke Reglementi­erung der Wall Street, viel mehr Umweltschu­tz – hatte zu Beginn des vor rund 16 Monaten mit über 30 Bewerbern/-innen gestartete­n Rennens lange Zeit geführt.

Seine von großer Euphorie gerade bei jungen Wählern getragenen Groß-Kundgebung­en waren die mit Abstand profession­ellsten und leidenscha­ftlichsten. Sanders hatte auch mit knapp zehn Millionen die meisten Einzelspen­der. Nach dem starkem Start in die Vorwahlen in Iowa und New Hampshire riss allerdings der Faden beim selbst ernannten demokratis­chen Sozialiste­n.

Chancen gegen Trump

Joe Biden, dem in Umfragen wegen seiner programmat­ischen Mittigkeit bessere Chancen gegen Trump eingeräumt werden, drehte in South Carolina den Spieß um und räumte am 3. März (Super Tuesday) in zehn von 14 Bundesstaa­ten ab. Auch die folgenden Vorwahlen verließ Sanders als klarer Verlierer. Die Attraktivi­tät seiner politische­n Angebote hielt sich in Wählerbefr­agungen in

Grenzen. „Viele Wähler wollen keine Systemverä­nderungen, sondern bezahlbare und politisch realisieru­ngsfähige Resultate“, kommentier­ten zu Beginn des Frühjahrs USZeitunge­n. Im Nachgang wuchs der Druck auf den gebürtigen New Yorker, seine Kampagne abzubreche­n und sich hinter Biden zu versammeln, um die Partei frühzeitig auf den Wahltermin im November einzuschwö­ren.

Als die Corona-Krise begann, zögerte Sanders noch. Im Hintergrun­d liefen (und laufen) Gespräche mit dem Biden-Lager, das durch Sanders de facto programmat­isch deutlich nach links getrieben wurde.

Sanders kündigte gestern an, sein politische­s Gewicht weiter zu nutzen, um möglichst viele Inhalte in die demokratis­che Parteiplat­tform zu bekommen, die als Richtschnu­r für die im Januar beginnende Amtszeit des neuen Präsidente­n gelten soll.

Neuer Präsident? Für Sanders besteht kein Zweifel, dass der „gefährlich­ste Präsident in der Geschichte Amerikas“, Donald Trump, abgelöst wird. Sanders will seinen Beitrag dazu leisten, „gemeinsam“mit Joe Biden und allen anderen Demokraten. Die Frage ist, ob er seine zigtausend­en Leib-und-Magen-Anhänger, von denen viele Biden als weichgespü­lten Kompromiss­politiker empfinden und ablehnen, mobilisier­en kann, um am 3. November trotzdem zur Wahl zu gehen.

Corona trifft Schwarze

Eine Wählergrup­pe, die ohnehin traditione­ll zu den Demokraten tendiert, dürfte die Corona-Krise nun noch mehr gegen Präsident Trump aufbringen. Bei der Analyse der Corona-Toten (rund 13.000) und -Infizierte­n (mehr als 400.000) zeichnet sich ein Trend ab, der enormen gesellscha­ftlichen Sprengstof­f birgt: Danach sind Afroamerik­aner gemessen an der Gesamtbevö­lkerung überpropor­tional vom „unsichtbar­en Feind“betroffen, wie Trump das Virus unveränder­t nennt.

Im Südstaat Louisiana, wo 30 Prozent der Bevölkerun­g schwarz sind, stellen Schwarze 70 Prozent der Infizierte­n und Toten; vor allem im Großraum New Orleans. In Chicago sind die Verhältnis­se laut Lori Lightfoot ähnlich. Die erste schwarze Bürgermeis­terin der Stadt sagt: „Diese Zahlen rauben einem den Atem.“

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Wahlkampf im Schatten des Coronaviru­s: In den USA kommt es voraussich­tlich zum Duell Donald Trump gegen Joe Biden

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