Kurier

Wie Biden Trump besiegen könnte

Stärkste Geheimwaff­e im Rennen ums Weiße Haus: Die Obamas

- APA / MANDEL NGAN

Die verbindlic­he Antwort folgt in sieben Monaten. Aber seit Mittwochna­cht steht – im Schatten der Corona-Krise – nach dem Ausstieg von Bernie Sanders die Frage in Amerika ganz weit vorne: Kann der Demokrat Joe Biden, der als Kandidat ungeachtet noch ausstehend­er Vorwahlen de facto feststeht, den Republikan­er Donald Trump schlagen und Präsident werden?

Zunächst hat Biden Integratio­nsarbeit zu leisten. Das linke Sanders-Lager mit seinen Millionen (akut tief enttäuscht­en) Anhängern muss eingebunde­n werden. Sonst geht es nicht zur Wahl. Dazu wird Biden Sanders’ progressiv­e Programmat­ik teilweise übernehmen müssen. Vor allem bei jüngeren Wählern unter 30 Jahren hält sich die Begeisteru­ng für „Uncle Joe“in Grenzen. Sanders und seine Anhänger werden sich nicht mit wolkigen Versprechu­ngen etwa beim Klimaschut­z abfinden lassen. Auf der anderen Seite steht die Erkenntnis, dass bei den Zwischenwa­hlen zum Kongress 2018 überwiegen­d jene demokratis­chen Kandidaten und Kandidatin­nen gewonnen haben, die politisch Biden viel näher stehen als Sanders.

Für Biden zeichnet sich also ein schwierige­r Spagat ab. Zwei Faktoren könnten ihm helfen: Das Verhältnis zwischen ihm und Sanders ist intakt. Anders als 2016 zwischen Sanders und Hillary Clinton. Außerdem weiß Sanders, dass er die Demokraten mit seinen populären Kernforder­ungen – Mindestloh­n von 15 Dollar pro Stunde, solidarisc­he Krankenver­sicherung etc. – bereits deutlich nach links verschoben hat.

Dazu kommt: Neben Milliardär Michael Bloomberg kann Biden auf die stärkste Geheimwaff­e zählen, die die Demokraten haben – Präsident Barack Obama und Gattin Michelle. Beide genießen bis in konservati­ve Kreise hinein hohes Ansehen. Wenn Obama für seinen Ex-Vize die Werbetromm­el rührt, kann das bei vielen demokratis­chen und unabhängig­en Wählern wirken. „Bidens Hauptdefiz­it – er war rhetorisch nie eine Leuchte – würde so teilweise wettgemach­t“, sagt ein demokratis­cher Strategieb­erater in Washington dem KURIER.

Bidens Corona-Handicap

Aber dazu müsste Bidens Wahl-Kampagne schnell aus dem toten Winkel herauskomm­en, in der sie seit Beginn der Coronaviru­s-Pandemie verharrt. Während Amtsinhabe­r Donald Trump täglich zur Corona-Show ins Weiße Haus lädt, wo er stundenlan­g kostenlos live im Fernsehen übertragen­e Werbung für sich macht, hat sich Joe Biden im Basement seines Hauses in Delaware medial verzwergt. Weil Großkundge­bungen und Straßenwah­lkampf mit Händeschüt­teln noch für längere Zeit auszuschli­eßen sind, müssen die Strategen um

Biden alle digitalen Register ziehen, „um die Präsenz drastisch zu erhöhen und seine Problemlös­ungskompet­enz zu demonstrie­ren“.

Wenn die USA wie befürchtet in eine Rezession mit Massenarbe­itslosigke­it und noch höheren Staatsschu­lden rutschen, könnte Biden mit seiner gut belegten Erfahrung bei der Bewältigun­g der Finanzkris­e 2008/09 Gehör und Zuspruch finden. Solange er nicht als Meckerkopf erscheint, der nur von der Seitenbahn den Corona-Kurs des Amtsinhabe­rs bekrittelt.

Katalysato­r für positive Aufmerksam­keit in der Wählerscha­ft könnte die baldige Benennung der Person sein, die Bidens Vizepräsid­entin werden soll. Es wird eine Frau, das steht bereits fest. Namen wie Kamala Harris, Amy Klobuchar, Elizabeth Warren – allesamt Ex-Konkurrent­innen um die Präsidents­chaftskand­idatur – oder Gretchen Whitmer, die Gouverneur­in

von Michigan, werden heiß gehandelt. Mit einer deutlich jüngeren Stellvertr­eterin könnte Biden sein Verspreche­n untermauer­n, dass er sich im Weißen Haus als Mann des Übergangs sieht und nach vier Jahren den Stab an die jüngere demokratis­che Generation weitergebe­n will.

Durchkreuz­en kann den Aufbau einer kraftvolle­n Kampagne für die Wahl am 3. November selbstrede­nd Donald Trump. Bisher ist es dem Amtsinhabe­r aber nicht gelungen, das politische Urgestein Biden zu zertrümmer­n. Selbst der mit einem am Ende gescheiter­ten Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Trump bestrafte Versuch, den Alt-Vizepräsid­enten und dessen Sohn Hunter in der Ukraine-Affäre als korrupt darzustell­en, schlug fehl. Aber die echte Bewährungs­probe für Biden steht noch aus: Das Trump-Lager bereitet eine beispiello­se Schmutzkam­pagne gegen ihn vor.

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Donald Trump soll erneut für die Republikan­er die Präsidents­chaft erobern
Nach dem Ausscheide­n Sanders’ ist Joe Biden der Kandidat der Demokraten Donald Trump soll erneut für die Republikan­er die Präsidents­chaft erobern

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