„Zeit ist noch nicht reif für die Opposition“
OGM-Chef Bachmayer über die Zahlen
Die absolute Mehrheit ist für die ÖVP zum Greifen nahe – zumindest theoretisch. Wäre heute Wahltag, würden laut einer Umfrage von „Unique Research“im Auftrag von profil 48 Prozent die Kanzlerpartei wählen. Das wären mehr als zehn Prozentpunkte mehr als bei der Nationalratswahl 2019 (37,5 %).
Die Coronakrise bringt auch dem Juniorpartner in der Koalition, den Grünen, Zugewinne – wenn auch nicht so stark. Auf 16 Prozent kämen die Grünen um Vizekanzler Kogler am Sonntag (2019: 13,9 %).
Ein ähnliches Bild ergab schon die große KURIEROGM-Umfrage Anfang April: OGM-Chef Wolfgang Bachmayer erklärt dazu: „Grund ist das Gefühl von Sicherheit, das die Regierung der Bevölkerung vermittelt. Man vertraut ihr, dass sie die Dinge in die Hand nimmt und Entscheidungen trifft.“
Regierung legt zu, Opposition verliert
Für die Opposition bedeutet das umgekehrt nichts Gutes – und das zeigen auch die jüngsten Umfragen: Die SPÖ stürzt in der UniqueUmfrage auf 16 Prozent (2019: 21,2) ab, die FPÖ kommt auf 13 Prozent Zustimmung (2019: 16,9 %).
Wie geht es der Opposition? Und was kann sie tun?
Fangen wir mit den Kleinsten an: Die Pinken bemühen sich redlich, bei ihren Top-Themen Bildung, Transparenz und Digitalisierung mit Coronakrisen-Bezug mitzureden. Nur verhallt das recht schnell, sagt OGM-Chef Bachmayer.
Die Neos haben den Anspruch, „Kontrollpartei“im Parlament zu sein. Diese Rolle ist derzeit eine denkbar schwierige, erklärt Bachmayer: „Wer jetzt, wo es in der Krise darum geht, Menschenleben zu retten, zu laut 'Alarm' oder 'Skandal' schreit, würde dastehen, als werte er die Gefahr ab und nehme sie nicht ernst. Da wird man eher als Querulant abgestempelt.“
Was können die Neos tun? „Abwarten“, sagt Bachmayer. „Die Zeit ist noch nicht reif für die Opposition.“Nach der Gesundheitskrise kommen Folgekrisen – die soziale, die am Arbeitsmarkt, wahrscheinlich auch in der Bildung. „Dann gibt es in den Medien einen neuen Fokus und neue Chancen für die Opposition, sich zu profilieren“.
Womit wir bei der nächsten Fraktion wären: „Die SPÖ nutzt ihre Chance wieder einmal nicht“, sagt der Experte. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner ist Ärztin, Tropenmedizinerin, war Gesundheitsministerin und höchste Beamtin im Gesundheitsministerium.
Warum die fachkundigste Politikerin des Landes Ende Februar eine Mitgliederbefragung und damit eine interne Debatte gestartet hat, anstatt als erste Parteichefin überhaupt auf das Coronavirus aufmerksam zu machen, ist Meinungsforscher Bachmayer ein Rätsel.
Heute hätte sie mit dieser Voraussicht punkten können. Tat sie nicht. „Das wirft rückblickend in der Öffentlichkeit ein schlechtes Licht auf ihre politischen Instinkte und ihre Kompetenz“, sagt Bachmayer.
Und die FPÖ? Sie kann sich laut Bachmayer immerhin darüber freuen, dass die Obmann-Debatte, der IbizaSkandal und Spesendebatte „in den Köpfen der Österreicher gerade ausgeblendet sind.“